Do’s und Don’t’s nach der Trennung mit Kind

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Jutta sitzt mit verheulten Augen und verstopfter Nase vor mir und schaut auf den Restschaum ihres lauwarmen Capuccinos. Paul hat sie verlassen und sie hat es nicht kommen sehen. Sie sagt was von „Wie konnte mir das passieren“, „Was wenn wir uns zufällig auf der Straße begegnen, er wohnt ja gleich um die Ecke“ und „Er hat noch sein Deo und die Zahnbürste bei mir, was meinst du wann er die abholen kommt?“. Ich nehme ihre Hand und hör mich „Alles wird gut, das wird sich legen mit der Zeit“ sagen, während ich an die Trennung mit dem Vater meines Kindes zurückdenke. Was das für ein zermürbendes Jahr war und wie ich mir auch manchmal gewünscht hätte, Deo und Zahnbürste wären meine Hauptsorgen gewesen. 

Dass ein Kind alles ändert, erfährt man spätestens, wenn es da ist. Das trifft sowohl in der Beziehung, im eigenen Leben, als eben auch im Fall einer Trennung zu. So verlockend der Drang ist, das Ganze erstmal hinter sich zu lassen und nie wieder miteinander zu sprechen, so unrealistisch ist er auch. Hat man sich nach langem hin und her Überlegen doch durchgerungen, getrennte Wege zu gehen, bleibt da noch immer die Elternbeziehung und von der kommt man nunmal nicht weg. Wie geht man also am Besten mit dieser schweren Phase um, ohne dass alle Beteiligten noch mehr leiden? Hier ein paar Grundregeln:

1. Kinder sind nicht unsere Vertrauten

Gerade kurz vor oder frisch nach der Trennung können sich Eltern einsam und isoliert fühlen. Man reflektiert über die Beziehung, hat eventuell noch die Hoffnung es könnte ja doch noch, und das Kopfkino nimmt kein Ende. Da kann es schon verlockend sein, sich seinen Kindern anzuvertrauen: man schwelgt in Erinnerungen und erzählt die Liebesgeschichte zwischen Mama und Papa, fabriziert verschlüsselte Nachrichten in der Hoffnung, das Kind gibt sie dem Ex-Partner so weiter… STOP! Sehr schlechte Idee! Kinder sind und dürfen niemals Vertraute sein und haben auch nicht die zugrund liegende Dynamik der Trennung zu kennen. Daraus entsteht der sehr zerstörerische „Loyalitätskonflikt“ und das Kind ist versucht, Partei für ein Elternteil zu ergreifen. Das einzige was das Kind wissen sollte, ist dass Mama und Papa sich nicht mehr lieben, sich getrennt haben und auch nicht mehr zusammen kommen. Basta!

2. Kinder sind keine Spione

Egal, wie ihr euch die Kinder aufteilt, sei es jedes 2. Wochenende, jede Woche oder nur um Urlaub, euer Nachwuchs wird nach der Trennung zum Pendelkind. Das heißt, dass man sich damit abfinden muss, einen Teil im Leben des Kindes nicht wirklich mitzukriegen, solange es beim Ex-Partner ist. Wann geht das Kind ins Bett? Was bekommt es zu essen? Was macht es am Wochenende? Mit wem trifft es sich? Herrschen auch dort gewisse Regeln? Man wird es nie genau erfahren und das ist auch ok so. Auch wenn es verlockend ist, das Kind nach der Übergabe mit Fragen zu löchern, lasst es besser bleiben. Kurz und knapp fragen, ob alles ok war und der Rest geht uns nichts mehr an!

3. Loslassen lernen

Eine der schwierigsten Aufgaben nach der Trennung. Nicht nur muss man den Ex-Partner lernen loszulassen, sondern auch das Kind. War man es doch bis dahin gewohnt, das Gewusel immer um sich herum zu haben und sehnte sich sogar einmal nach einer Auszeit, so ist man nun plötzlich immer wieder kinderlos und muss sich neu orientieren. Man muss lernen diese Zeit für sich zu nutzen, Dinge nur für sich zu unternehmen, egoistisch im positiven Sinne zu sein, und das ist nach oft mehreren Jahren intensiver Mutterschaft gar nicht so einfach. Auch muss man lernen zu akzeptieren, dass der andere Part es genauso gut kann und man entbehrlich ist. Nimmt euch Zeit für diesen Prozess und lernt progressiv wieder zu euch zu finden.

4. Das Materielle regeln

Wer zahlt was? Das ist eine wichtige Frage, die man im Vorfeld unbedingt klären sollte, damit die Kinder so wenig wie möglich davon mitbekommen. Wer zahlt die Kantine, den Karate-Kurs, die Winterschuhe, den Nachhilfeunterricht, die Windeln für die Kita, eine neue Brille? Wir wissen, wie teuer Kinder sind, vor allem, wenn man ihnen auch was bieten möchte. Um sich da nicht immer wieder in die Haare zu kriegen, sollten hier ganz klare Regeln herrschen, und dabei Rücksicht auf die finanzielle Lage des genommen werden. Da dies meistens ein sehr heikles Thema ist, kann man hierfür einen Termin beim Jugendamt oder in der Mediation ausmachen. Fair bleiben ist hier key, das erspart allen sehr viel Ärger im Nachhinein.

5. Vor den Kindern wird nicht gestritten

Ist man erstmal getrennt, will man den Ex nicht ständig vor der Nase haben. Trotzdem muss man meistens die Übergaben in Kauf nehmen und so kann es schwer werden, den so lang ersehnten endgültigen Abstand zu bekommen. Immer wieder kommt es zu Reibereien und die Kinder werden im schlimmsten Fall mit reingezogen. Wie streitet man sich, ohne dass es die Kids mitbekommen? Macht man einen Telefontermin aus? Streitet man auf Whatsapp? Schreibt man sich Streitbriefe? Fest steht, dass der Ex-Partner sich nicht ändern wird, obige Optionen sind also alles vergeudete Energie. Gibt es tatsächlich ein Anliegen, dass man dem anderen kommunizieren möchte, sollte man sich also zuerst fragen, ob die Botschaft wirklich auf das Kindeswohl reduziert ist und keine latenten Unterstellungen, Anweisungen oder andere emotionale Ausgüsse beinhaltet. Um Übergaben damit nicht zu belasten, sind Emails oft die beste Kommunikationsform.

6. Respekt, Respekt, Respekt

Auch wenn es sauschwer fällt, respektiert den anderen Elternteil. Nicht, weil ihr es ihm schuldig seid, sondern fürs Kind. Bringen wir unseren Kindern nicht auch bei, lieb und freundlich mit anderen Kindern umzugehen, nicht zu hauen und nicht zu spucken, sich nicht zu beschimpfen und Probleme im Dialog zu lösen? Dann sollten wir genau diese Werte auch vorleben. Auch wenn man sie nach einer Trennung nicht mehr sieht, hat der Ex-Partner auch gute Seiten. Indem man ihn komplett aus seinem Leben ausblendet, weist man auch ein Teil seines Kind zurück. Respekt ist also oberstes Gebot! Beide Elternteile sollten daran arbeiten, auf ein respektvolles Level zu kommen und dieses unter allen Umständen zu pflegen. Je besser man das hinbekommt, desto sicherer fühlt sich das Kind in dieser neuen Konstellation.

7. Emotionen auffangen

Nicht nur die Eltern erleben so eine Trennung oft als traumatisch. Auf einmal tut sich eine Emotionswelt im Leben des Kindes auf mit der es nicht umgehen kann. Kleinkinder wirken unausgeglichen bis aggressiv, schlafen nicht mehr durch, können sich nicht mehr konzentrieren. Ältere Kinder haben oftmals das Bedürfnis darüber zu sprechen oder ziehen sich zurück. Wichtig hier ist, das Kind aufzufangen und ihm immer wieder zu sagen, dass es ok ist, sich so zu fühlen. Es darf sich darüber ärgern, uns doof finden und traurig sein. Begleitet es durch diese schwere Phase, bietet ihm eventuell einen außenstehenden Gesprächspartner an und versucht nicht für alles eine perfekte Antwort zu finden. Geht das Kind in die Kita oder zur Schule, sollten Lehrer und Erzieher über die Veränderungen unterrichtet werden. Nicht etwa, um es vor Ort zu thematisieren, eher damit sie bescheid wissen und besser auf die eventuellen Stimmungsschwankungen eingehen können.

8. Ein Netzwerk aufbauen

Früher reichte eine kurze SMS an den Partner, wenn man mal länger auf der Arbeit bleiben musste und das Kind nicht abholen konnte. Das geht jetzt nicht mehr, man muss also so einiges umdisponieren. Daher ist es ganz wichtig, sich ein Netzwerk aufzubauen, auf das man zurückgreifen kann, sollte man verhindert sein. Oma und Opa, Freunde, Tanten, Nachbarn, Babysitter… Natürlich ist es toll, wenn der Ex-Partner auch nach der Trennung der Hauptansprechpartner für alle Fälle bleibt, besser ist es aber immer, wenn man schon früh lernt, derartige Situationen selbst zu meistern.

Gebt euch und dem Kind Zeit, sich in der neuen Lebensform zurechtzufinden. Jeder hat das Recht, anders mit der Situation umzugehen, seid für eure Kids da, wie auch immer sie es brauchen. Lasst eure Trauer, Wut und Verletzungen nicht überhand nehmen und baut euch Quality-Momente alleine und mit dem Kind ein, in denen alle Kraft schöpfen können. Falls ihr es alleine nicht schafft, gibt es zahlreiche Anlaufstellen, an die ihr euch wenden könnt und solltet. Denn von zufriedenen Eltern profitiert schließlich auch das Kind!

 

 

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