Stellt euch vor, ihr seid auf dem Spielplatz, müsst übelst dringend aufs Klo – und kein Etablissement in der gesamten gentrifizierten Umgebung gewährt euch Eintritt in selbiges, weil ihr ja keine Kundin seid. Kurz vor knapp hilft euch dann aber Diana (36) vom Colombina Café aus besagter Patsche. Uff.
So geschehen letzte Woche unserer Claudia im Kollwitzkiez. Sobald sie wieder klar denken konnte, bemerkte sie natürlich, wie toll ihre Retterin eigentlich aussah. Und dann sprang da auch noch Dianas Sohn Pablo (9) herum – klarer Fall von Hauptstadtmutti-Alarm! Also blieb Claudia und die beiden quatschten eine Runde über das schöne Café, das Diana vor einem Jahr von ihrer kolumbianischen Mutter übernommen hat. „Ich hab mir das ein Jahr lang überlegt. Eigentlich studiere ich nämlich Bildhauerei in Weißensee. Aber jetzt mach ich beides! In zwei Jahren bin ich fertig, und da ich nicht darüber nachdenken möchte, ob ich Kunst produzieren muss um Geld zu verdienen, habe ich mich entschieden, den Laden zu übernehmen. Als zweites Standbein.“
Hui, das klingt nach viel Arbeit! „Ja, das ist echt eine Herausforderung. Macht aber auch großen Spaß. Ich hab von Null angefangen und bin mit einem ganz neuen Konzept gestartet. Es gibt Frühstück und Mittagstisch, natürlich kolumbianischen Kaffee und typisch kolumbianische Speisen, aber auch ein großes vegetarisches und veganes Angebot. In Kolumbien macht man viel mit Mais (Arepas!), das passt gut“ erklärte sie Claudia, der langsam das Wasser im Mund zusammenlief. Ob das Colombina Café ein neuer Treffpunkt für Berliner Latinos ist? „Nein, das Publikum ist gemischt. Ich habe zwar viel Stammkundschaft von meiner Mutter behalten, es kommen aber auch viele „neue“ und junge Leute aus der Gegend. Aber tatsächlich lerne ich auch immer mehr Kolumbianer kennen, die wegen der heimischen Küche hierher kommen.“ Diana sucht übrigens aktuell noch Verstärkung für ihr tolles Team …
Als Diana kurz mal abkassieren war, nutzte ihr Sohn Pablo die Gelegenheit, Claudia von seinem ziemlich abgefahrenen Hobby zu erzählen: Becherstapeln, auch „Sport Stacking“ genannt. Das kann er sogar so gut, dass er mit seinem Papa auf Turniere geht! Davon war Claudia mindestens so beeindruckt wie von den Tattoos seiner Mutti. Auf ihrem Innenarm steht It is always now geschrieben. „Das ist mein Spickzettel, der mich immer daran erinnert, dass man im Jetzt leben soll und nur dort sein Glück finden kann.“ Auf ihrem Finger steht schlicht Trust. „Weil man Vertrauen ins Leben haben soll. Es war ein langer Weg für mich, zu dieser Einsicht zu gelangen“, vertraute sie Claudia an. Welch schöner Schlusssatz!
Diana trägt ein weißes Shirt von H&M, einen gelben secondhand Rock (ähnlich bei zalando) und schwarze Keilsandaletten (ähnlich bei Görtz). Ihre Accessoires sind eine Sonnenbrille von Ray-Ban und ein mexikanisches Silberarmband, das sie schon über zwanzig Jahre besitzt.
Fotos & Interview: Claudia Kahnt // Text: Natascha Korol