Hauptstadtmutti

Andrea Potocki: „Handarbeit und Basteln ist ein Supersport für Hände und Kopf!“

An einem regnerischen Montag traf ich Andrea Potocki von Wlkmndys in meinem Potsdamer Lieblingscafé. Sie trinkt nämlich auch so unheimlich gern guten Kaffee. Und während der Regen gegen die Scheiben prasselte, wir Kaffee tranken, erzählte mir Andrea viel über ihr Leben, ihre Liebe zum Basteln und ihr neues Buch.

Hauptstadtmutti: Liebe Andrea, wie schön, dass wir uns hier treffen konnten. Erzähl doch bitte mal ein bisschen was über dich.

Andrea: Hallo, liebe Caro! Toll, dass wir uns hier im schönen Holländischen Viertel in Potsdam treffen. Das fühlt sich nach Urlaub an! Du musst mir unbedingt gleich noch deine Insider-Tipps für Potsdam verraten. Mit meinen Lieben bin ich viel zu selten hier, obwohl es ja für uns als Bewohner des südlichen Außenrings von Berlin nur ein Katzensprung ist! Ich bin übrigens eine gebürtige Berlinerin, 38, Designerin und Material-Forscherin seit ich denken kann. Mit meinem Mann und unseren drei Kindern Emil (9), Rio (8) und Milla (5) genießen wir mittlerweile die Ruhe am Berliner Stadtrand und saugen dafür dann an den Wochenenden gerne das trubelige Stadtleben ein.

Als kleines Kind habe ich meinen Eltern mit eindrucksvollen Garderobenwünschen morgens viel Geduld beim Anziehen abverlangt und sie erzählen immer, dass mein Weg in die Modewelt schon früh abzusehen war. Tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, als Kind je etwas anderes für meine Zukunft gesehen zu haben. Seitdem ich mein Diplom als Stilistin und Modelistin der Esmod Berlin in den Händen halte, bin ich meine eigene Chefin und habe zwei Modelabels gegründet. Schwanger mit meinem zweiten Sohn entschied ich mich dann für eine längere Elternzeit und tatsächlich der Modewelt vorerst den Rücken zu kehren. Heute bin ich glücklich mein Spielfeld erweitert zu haben und mich nun im großen weltweiten Raum der DIY-Kreativität mit meinem Blog und Designstudio WLKMNDYS zu bewegen.

Hauptstadtmutti: Wie kam es zu „WE LIKE MONDAYS“?

Andrea: Haptiken, Farbwelten finden und alltägliche Materialien zu Neuem verbinden, begeistert mich. Grundsätzlich das Werken mit Händen ist schön real und sehr entspannend und noch dazu ein toller Ausgleich im heutigen Leben, wo wir so viel Zeit in digitalen Welten verbringen. Handarbeit und Basteln ist ein Supersport für Hände und Kopf, bei dem der Preis etwas hübsch selbst gemachtes fürs Zuhause oder seine Lieben ist! Mein Plan war es, diese Leidenschaft zum Beruf zu machen!

Nachdem meine Tochter unsere Familie zu einer Party of Five machte, kam ich aus einer Stilltee-Laune heraus auf den Spruch „We Like Mondays“ und nutze ihn damals immer Montags als Hashtag zu den Postings auf meinem privaten Instagram Account. In Ruhe mit meiner Kleinsten im Kinderwagen, dem typischen Mutti-Latte Macchiato in der Hand über die alten Holperstraßen in Lichtenrade zu schlendern und dabei so schön klare Gedanken fassen zu können, war immer himmlisch nach einem wilden Familienwochenende. Auf diesen Spaziergängen formte sich auch meine Idee, dass ich mit meiner kreativen Leidenschaft einen Do It Yourself Blog starten möchte. Dass dieses Baby WLKMNDYS heißen müsse, war dann schnell glasklar! Und durch all meine Fotoproduktions-Erfahrung im Modebereich begann ich bald DIY Strecken mit tollen Fotografen zu produzieren. Schnell wuchs meine Leserschaft und ihre Begeisterung für meine Ideen mit WLKMNDYS Handschrift. Fan erster Stunde ist auch die großartige Stefanie Luxat, die mich fragte, ob ich die DIY Kolumne auf ihrem Blog OhhhMhhh regelmäßig schreiben möchte. Schon kurz trudelte eine Anfrage des Gräfe und Unzer Verlags ein, ob ich einen Kreativratgeber für Kinder machen möchte und so entstand mein erstes Buch. Nun gibt es ja sogar schon ein zweites! Ich produziere DIY Strecken für Magazine und DIY Beiträge für Marken auf meinem Blog. Neulich kürte mich die BILD zu „Deutschlands DIY Queen“.

Mit We Like Mondays meine ich: Do what you love! Dann scheint auch Montags die Sonne! Mit drei Kindern und einer recht klassischen Rollenverteilung zwischen meinem Mann und mir, bei der er früh aus dem Haus geht und oft erst nach 19 Uhr nach Hause kommt, bin ich es, die auf Elternabende düst, Hausaufgaben aus der Schule mit meinen Jungs durchgehe, Gute Nacht-Geschichten liest und ab und zu daran scheitert alle Nachmittagsaktivitäten von drei Kindern unter einen Hut zu bekommen. Und der liebe Haushalt, naja, den machen wir alle gemeinsam so gut wie möglich. Mein eigener Chef zu sein, ist die für mich die perfekte Lösung, um all diesen schönen Familienwahnsinn zu wuppen und meinen beruflichen Zielen zu folgen. Gerne hänge ich so abends nochmal ein paar Stunden dran oder nutze das Wochenende, um fehlende Zeit aufzufangen.

Hauptstadtmutti: Und was machst du gerade aktuell?

Andrea: Lange hatte ich auf unserem Dachboden zu Hause einen großen Arbeitsraum, bin aber vor kurzem in ein eigenes Studio und Büro gezogen. Da ist noch einiges zu tun und an den richtigen Platz zu bringen. Ich habe sehr viel Material! Ansonsten liegen nun schon die Osterprojekte in der Pipeline und meinen guten Vorsatz, nicht mehr alles auf den letzten Drücker zu machen, der wartet seit Geburt meines ersten Sohnes auf Umsetzung. Ob das je wieder was wird? Das Tolle am Bloggen ist, dass ich Projekte, die aus einer kreativen Blitzidee entstammen, schon am nächsten Tag online stellen kann. Dieses Wochenende shooten wir ein umfangreiches DIY Projekt mit einer Spielidee fürs Kinderzimmer, das es noch vor Weihnachten zu sehen gibt!

Hauptstadtmutti: Woher bekommst du deine Inspirationen?

Andrea: Ideen sind freche Dinger, die man schwer kontrollieren kann. Der kreative Prozess ist eine Achterbahnfahrt zwischen größter Begeisterung und völliger Verzweiflung. Meine besten Projekte haben mich viele Nerven gekostet, die sich aber glücklicherweise durch das tolle Feedback meiner Leser und Fans wieder regenerieren. Ideen, die die DIY Welt noch nicht gesehen hat, kommen mir immer durchs Machen. Das ist so zum Beispiel auch beim Tannenzapfen Adventskalender passiert. Ich habe lange getüftelt, bis mir die ganz einfache Art einfiel, Schuppen aus Papier herzustellen. Gute Musik plus guten Kaffee und all meine Materialien um mich herum, das ist mein Inspo-Dreamteam. Wenn das nicht geht, dann drehe ich eine Runde durch den Baumarkt, 1-Euro Discounter oder meinen liebsten Bastelshop – sehr inspirierend!

Mein Mann ist Tischler und auch eine echte Wundertüte, wenn’s um verrückt ausgetüftelte Projekte für Kinder à la Wurfautomat, Flipper, Raketenschultüten geht, und hat eine eigene Kategorie auf meinem Blog: den Daddy’s Corner!

Hauptstadtmutti: Was hat es mit deinem Kreativ-Kiosk auf sich?

Andrea: Der ist so schick, oder? Meine Idee zum Kreativ Kiosk entstand durch die Anfrage einer PR Agentur, die mich gerne für das Event eines französischen Kunden zum Basteln mit Kindern buchen wollte. Es machte Sinn meine Bastelwerkstatt auf Rollen zu bringen! Wir haben dann kurzerhand in einer Nacht den Kiosk gebaut und ihn bis unters Dach in vielen Schubladen mit tollem nicht ganz alltäglichem Bastelmaterial gefüllt. Auf das eine Event folgten weitere Anfragen und so kann man mich nun mit meinem Kiosk für Veranstaltungen buchen. Das macht mir immer einen Heidenspaß, weil es so schön nah am echten Leben ist und Kinder so begeisterte Bastelfans sind.

Hauptstadtmutti: Was brauchen Kinder eigentlich zum Basteln?

Andrea: Ich empfehle einen kleinen Tisch anzuschaffen und feststellbare Rollen an dessen Beinen zu montieren. Vor allem kleine Kinder sind gerne in der Nähe ihrer Eltern! So schiebt ihr den Tisch einfach mit in die Küche und könnt parallel kochen, während die Kleinen malen und schnibbeln. Unter dem Tisch kann man einige kleine Schubladenelemente anbringen, in denen Stifte, Kleber, Sticker, Papierklebeband, Kinderscheren, kleine Ballons und allerlei Gesammeltes vom Heimweg aus der Kita und Schule untergebracht werden können. Wenn ihr dann noch eine Stange unter dem Tisch anbringt und eine kleine Papierrolle daran aufhängt, ist alles Nötige hübsch verstaut! Das wichtigste ist, dass ihr euren Kids Material und Werkzeug liefert, um kreativ sein zu können, wenn sie wollen. So entstehen nämlich die tollsten verrückten Sachen voller Fantasie und schönsten Geschichten. Stellt als Input auch einige Kreativbücher für Kinder in euer Bücherregal. Manche Kids brauchen ein wenig Anregung, um dann richtig Gas zu geben. Und last but not least: Seid Vorbild! Zwei linke Hände habe ich noch nie gesehen!

Hauptstadtmutti: Wo kaufst du deine Materialien und welche Bastelläden würdest du empfehlen? Und mit welchen Dingen, die jeder im Haushalt hat, kann man gut basteln? Und womit bastelst du nicht gern?

Andrea: I love Hobbyshop Rüther hier in Berlin! Es ist nicht schick dort (hübscher 80s Look), aber voll bis unter die Decke mit allem, was das Bastelherz begehrt. Zweite große Liebe und zweites Zuhause: Modulor! Ansonsten mag ich es, alltäglichen günstigen Gegenstände eine neue Rolle zu geben und die finde ich meist in 1-Euro Shops, bei Haushalts-Discountern oder in der Gastronomieabteilung der Metro. Herausforderung ist es dann, all diese Materialien auch für meine Leser in Onlineshops zu finden und zu verlinken, damit genau so nachgebastelt werden kann. Neulich schrieb mir eine Leserin ganz aufgeregt, dass ein bestimmter Motivlocher, den man für meinen diesjährigen Adventskalender benötigt, ausverkauft sei über meinen bereitgestellten Link. Ich habe dann fix eine Alternative gefunden. Auch auf Flohmärkten kaufe ich gerne ein. Alte Lampenschirme, Spitzendeckchen, Wolle… Und Boesner ist ein toller Künstlerbedarf, wo ich Farben, Pinsel und Papier kaufe.

Meine neueste Leidenschaft brennt für Notizblöcke. Damit kann man easypeasy tolle Girlanden basteln und außerdem sind die Farben großartig! Selbstklebende Markierungspunkte sind mein Markenzeichen beim Basteln geworden – davon besitze ich unglaublich viele in allen Regenbogenfarben und ich kaufe sie im Bürobedarf.
Auch Upcycling ist ein Thema und uns allen fallen im Haushalt ständig Restprodukte in die Hände, die wunderbar zum Basteln geeignet sind und in die Bastelschublade statt in den Abfall gehören. Von Klorollen bin ich kein Fan, die sind mir zu wabbelig. Aber die Rollen von Alu- und Frischhaltefolien sind super! Masking Tapes haben einen tollen Pappkern, den ich immer aufhebe und nutze, um beispielsweise Kreise zu stempeln.

Hauptstadtmutti: Wie kam es zu deinem Buch „Einfach schnittig: Nähen für Babys und Kleinkinder“? Was ist das Besondere an deinem Buch?

Andrea: Jetzt näht die auch noch? Ja! Das ist ja das, was ich von der Pike auf gelernt habe! Und nicht nur das Nähen hat es mir angetan, auch Schnittmuster mache ich. Zum Buch kam es dann ganz unspektakulär wieder über die Anfrage einer Redakteurin im Gräfe und Unzer Verlag. Ich hatte extreme Lust auf die Herausforderung meine Skills im Nähen wieder aus der hintersten Kiste zu holen und ein ganzes Buch mit meiner liebevollen Handschrift daraus zu machen. Einfach schnittig ist auf 156 Seiten vollgepackt mit Kleidungsstücken und Accessoires zum selber Nähen für Babys und Kleinkinder von Größe 56 bis 98. Alles Teile, die ich meinen Kids in dem Alter unbedingt hätte anziehen wollen. Als Extra dazu: hübsche DIY Ideen, die jedes Kleidungsstück (ob selbst genäht oder selbst gekauft) zu einem ganz individuellen Designerteil machen. Ich zeige zum Beispiel, wie man easypeasy einen Ombré-Effekt auf Stoffe zaubern kann und es gibt sogar Illustrationen, die ihr auf Sweater & Co. bügeln könnt. Besonders ist, dass es sehr viele Step-Bilder im Buch gibt und so auch Anfänger kompliziertere Nähschritte verstehen und nachmachen können.

Liebe Andrea, vielen lieben Dank für das tolle Interview!

Fotocredit: Bilder 1-3: Jacob/Reischel, Bild 4: Jules Villbrandt, Bild 5: Jacob/Reischel, Bilder 6-9: Annelie Klein

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