Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich liebe kleine Buchläden! Die liebevoll geschmückten Schaufenster, die gemütliche Atmosphäre, am liebsten noch mit einer kleinen Leseecke. Ich liebe sie einfach. Und gleichzeitig fühle ich mich dort nicht willkommen.
Als ich vor ein paar Wochen nach einem fast dreijährigen Aufenthalt in Portugal zurück nach Deutschland gezogen bin, bin ich in jede Buchhandlung gelaufen, die mir auf dem Weg begegnet ist. Nicht nur in meiner Wahlheimat Berlin, sondern auch in anderen Städten. Die Erlebnisse, die ich größtenteils wieder gemacht habe, haben mich daran erinnert, warum ich schon vorher eigentlich doch gar nicht so gern in Buchläden gegangen bin und meine Bücher irgendwann fast nur noch online gekauft habe. Der Grund ist, dass Menschen wie ich, also migrantisch gelesene Personen, in weißen Buchhandlungen oft nicht gern gesehen sind.
Begrüßung? Fehlanzeige!
Es passiert mir regelmäßig, dass ich herein gehe, freundlich grüße und statt einer Begrüßung nur skeptisch an mir hoch und runter geschaut wird.
Es ist mir mehrmals passiert, dass die*der Buchhändler*in nervös hinter mir herlief, und zwar nicht, um mich zu beraten, sondern eher wie ein*e Kaufhausdetektiv*in.
Und es ist mir auch schon zwei Mal passiert, dass ich darauf hingewiesen wurde, dass es in dem Laden sehr teuer sei, ob ich mir das denn auch leisten könne.
Das sind keine Einzelfälle und BIPoC Menschen wissen, wovon ich spreche.
Dabei könnte es doch ganz anders sein, denn marginalisierte Menschen wurden endlich als kaufkräftige Zielgruppe erkannt. Das höre ich von den Verlagen immer wieder.
Aber was wird daraus gemacht?
Von wem werden die Kinderbücher geschrieben, in denen Diversität immer mehr eine Rolle spielt, denn BIPoC Autor*innen und Illustrator*innen finde ich so gut wie gar nicht.
Und wenn ich dann noch die Barrieren sehe, die für marginalisierte Personen erschaffen werden, um überhaupt in die weißen Buchhandlungen zu kommen, frage ich mich nicht nur VON WEM sondern auch FÜR WEN ist diese Diversität in Kinderbüchern gemacht?
Ich habe da eine These und zwar herrscht auf dem Markt ein Teufelskreis. Ich könnte es auch strukturellen Rassismus nennen, aber da die meisten weißen Menschen beim „R-Wort“ die Schotten dicht machen, nenne ich es Teufelskreis und der sieht so aus:
Ich gehe nicht mehr in traditionelle Buchläden, weil ich dort die geschilderten Erfahrungen mache und kaufe stattdessen online. Das ist meine Perspektive als Schwarze dreifache Mutter, die mehr Geld für Kinderbücher als für Klamotten ausgibt. Also gehöre ich ganz klar zur Zielgruppe für vielfältige Kinderliteratur insbesondere „Own Voices Stimmen“.
Aber ich bin auch Debüt-Kinderbuchautorin und bekomme noch einmal einen ganz anderen Einblick in die Buchwelt. Nämlich, dass viele Verlage meinen Büchern gegenüber skeptisch sind. Und das liegt nicht an der Qualität, denn ich habe Verträge bei drei großen Publikumsverlagen und denen unterstelle ich einfach mal, dass sie auf Qualität achten. Es liegt daran, dass die Verlage Zweifel haben, ob sich die „Own Voices Bücher“ verkaufen lassen. Sie bekommen vom traditionellen Buchhandel nämlich folgende Aussagen: „Dafür gibt es keinen Markt“, „sowas wird bei uns nicht nachgefragt“.
Fällt irgendwem etwas auf?
Es gibt sicher auch Buchhandlungen, in denen marginalisierte Menschen freundlich behandelt werden, aber das ist leider die Ausnahme. Ich möchte auch nicht gegen „den einen unfreundlichen Buchhändler“ wettern, denn der hätte gar keine Macht und darüber müssten wir uns nicht unterhalten. Es ist die Summe der Erfahrungen, die marginalisierte Menschen machen und das liegt an den Strukturen, die sich ändern müssen.
Und es wäre sogar eine Win-win-Situation. Ich für meinen Teil möchte kleine Buchhandlungen wirklich gern unterstützen, nicht zuletzt, weil ich Buchhändler*innen im Verwandten- und Bekanntenkreis habe und weiß, wie schwer sie es haben, gegen die Großen und den Onlinehandel anzukommen. Es wird Menschen wie mir nur denkbar schwer gemacht.
Also, liebe weißen Buchhändler*innen, wenn das nächste Mal ein Schwarzer Vater oder eine Mutter mit Kopftuch zaghaft in Eure Läden tritt, vielleicht habt Ihr dann ein extra breites Lächeln und ein extra herzliches Willkommen für sie parat, denn 1. bekommen wird das viel zu selten und 2. lohnt es sich für Euch auch!
Ich bin Regina Feldmann (37 Jahre), Kinderbuchautorin und lebe mit meinen drei Kindern und meinem Partner in Berlin. Finden könnt ihr mich auf Instragram unter @reginafeldmann_autorin oder auf meiner Website www.reginafeldmann.de
Foto: Nella Aguessy