Hauptstadtmutti

Eileen: Filterkaffeesnob in 50 Shades of Pink

Wir treffen Eileen im Winzkiez im Prenzlauer Berg, wo sie mit ihrer Familie seit 2015 lebt. Sie kommt ursprünglich aus dem Speckgürtel von Berlin, ist in Hennigsdorf geboren, in Borgsdorf und Hohen-Neuendorf zur Schule gegangen und hat beim Oranienburger Generalanzeiger ihr erstes Praktikum gemacht.

„Ich habe aber auch lange in Frankfurt am Main und London gelebt. Unsere Kids sind Frankfurter Würstchen, aber als sie 3 Jahre und 8 Monate alt waren, sind wir zurück nach Berlin gezogen. Als City Girl möchte ich in keiner anderen deutschen Stadt leben, zumal meine Mama nur 20 Autominuten von uns entfernt wohnt.“ 

Als Treffpunkt schlägt sie ihr Lieblingscafé Townmouse vor. „Ich bin ein bekennender (Filter)Kaffeesnob und habe einige Jahre die PR für Tourism New Zealand gemacht, deshalb habe ich ein Faible für die Kaffeekultur vom anderen Ende der Welt. Seb macht einen Flat White wie in Down Under, hat immer Geheimtipps für grandiosen Filterkaffee, etwa den von Ickpa oder August 63, eine grandiose Playlist und diese unverwechselbare, entspannte Kiwi-Mentalität.“

Die Fotos haben wir direkt vor der Schule und dem Spielplatz an der Marie geschossen. „Hier sind meine Kids früher durch den Sand gerobbt und haben auf dem Abenteuerspielplatz gelernt, wie man Stockbrot so übers Lagerfeuer hält, dass es nicht verbrennt.“

Eileen ist eine berufliche Jongleurin: sie arbeitet als PR Managerin bei der Agentur muxmäuschenwild, hat mit Tell Me More eine One-Woman-Show als Texterin und Kommunikationsberaterin und ist als Hochzeitsrednerin unterwegs. Wer für kleine Feiern oder Vernissagen „Cocktails with attitude“ sucht, kann sie auch gern anfragen. (Ich kann aus erster Hand bestätigen, dass Eileen fantastische Cocktails macht!)

Was macht dich gerade glücklich?
Mich macht es immer glücklich, wenn ich mich mit Menschen verbinde. Oder wenn ich Menschen miteinander verbinden kann. Kürzlich habe ich zwei Menschen, die sich noch nicht kannten, miteinander verknüpft und sie haben sich direkt ineinander verknallt. Das ist mir vorher noch nie passiert und ich kann mich darüber freuen, wie ein Kullerkeks. 

Was macht dich gerade wütend?
Eindeutig die stagnierende Schulpolitik. Schon meine Mama hat sich als Schulleiterin ein Bein ausgerissen und wie Don Quijote gegen die Windmühlen der trägen Schulbürokratie gekämpft. Ich bin seit vielen Jahren Elternvertreterin und verzweifle zunehmend am hausgemachten Lehrkräfte-Mangel, Unterrichtsausfall bei meinem Sohn in der Grundschule und dem verzweifelten Kampf um Plätze an weiterführenden Schulen. 

Wo bist du gerne?
An der Stange. Ich habe kurz vor der Pandemie Pole Dance beziehungsweise Pole Akrobatik für mich entdeckt und habe als ehemalige Leistungsturnerin sofort Feuer gefangen. Als die Pole Studios während Corona schließen mussten, hat mein Mann mir eine Pole Stange geschenkt, die genau wie eine Duschstange zwischen einem Deckenbalken und dem Boden gespannt wird – ohne eine einzige Schraube.

Die Handwerker, die neulich unsere neue Geschirrspülmaschine eingebaut haben, wollten mir nicht glauben, dass das sicher genug ist. Also habe ich einem der beiden kurz einen Fireman Spin beigebracht – er hat gestrahlt wie ein kleiner Junge. Dieser Ort ist so besonders, weil er mir buchstäblich Halt und Kraft gibt und einfach Freude bereitet.

Wo bist du gerne in deiner Stadt?
In meinem zweiten Wohnzimmer, dem Weinberg in der Winsstraße, zum Spazieren gehe ich in den Volkspark Friedrichshain, für tolle Pole-, Chairdance oder Sensual Dance Workshops ins Muse und ins Vanilla Sky und danach lecker Törtchen essen ins Jubel.

Hast du Tipps für Eltern in deiner Stadt?
Unsere Kids sind jetzt schon etwas größer und lieben asiatisches Essen über alles. Die handgezogenen Nudeln von Wen Cheng würden sie am liebsten jeden Tag essen – das wäre aber zu teuer. Stattdessen lassen sie sich von YouTube-Tutorials inspirieren und wir besorgen ihnen koreanische Tteokbokki oder Chilipasten vom asiatischen Supermarkt. So bereiten wir auch direkt schon einmal ihre WG-Tauglichkeit vor.  

Meinen Style würde ich beschreiben als……50 shades of pink

Mode ist mir wichtig, weil…
…sie Spaß macht und die Kreativität weckt. Wir haben als Kinder schon der West-Barbie meiner Freundin (Susi, weißt du noch?) ein „Latexkleid“ aus abgeschnittenen Luftballons gebaut, gerade hat mir meine Mama für eine Mottoparty ein Federkleid zu einem fluffigen Top umgenäht und mein absolutes Lieblingstop zum Weggehen ist ein Pailetten-Badeanzug von Love Stories, den ich zum Disco Outfit umfunktioniere.

Worauf würdest du zehn Jahre sparen?
Auf keinen Fall auf ein Fashion Item. In meiner Zeit in London stand ich extrem auf Louboutins und hatte mir in den Kopf gesetzt, mir von einem Bonus endlich ein Paar zu kaufen. Dann stand ich im Selfridges, probierte ein Paar Peeptoes mit der markanten roten Sohle an und rutschte direkt mit dem Fuß auf der anderen Seite wieder heraus. Die Schuhe sahen rattenscharf aus, kosteten 600 Pfund, waren aber untragbar. Ich nahm das Geld, kaufte mir drei Paar andere Heels und war geheilt. Wenn ich heute nach einer besonderen Brand suche, schaue ich ausschließlich in Second Hand Läden oder auf Vinted.

Welches Kleidungsstück deiner Eltern hat dich geprägt?
Eindeutig die Schlaghosen und die Lack-Sandalen meiner Mama. Die hatten einen Plateau-Absatz aus Kork, schwarze Lack-Riemen und sahen einfach nach „Exquisit“ aus, so hieß die Modeboutique für Besserverdienende in der DDR.

Welches Kleidungsstück aus deiner Kindheit hättest du gerne noch?
Irgendwie fallen mir sofort die kratzigen Wollstrumpfhosen ein, die ich NICHT mehr auch nur hinterhergeworfen haben möchte. Ah doch, ich hätte gern ein Faschingskostüm wieder, das ich geliebt habe: Ein „Königin der Nacht“-Kostüm aus dunkelblauen Satin mit Glitzer, das wurde extra für mich genäht. 

Welches Kleidungsstück aus deiner Jugend hast du noch?
Nicht aus meiner Jugend, aber aus der meiner Oma. Ich habe ein Chiffon-Kleid mit Petticoat von ihr aus den 50ern, das sieht aus, wie aus „Mad Men“.

Welches Kleidungsstück hast du dir zuletzt gekauft?
Ich habe unsere gemeinsame Freundin Edda in der Linierie besucht und mir den roten Samtbody „Maneater“ von Undress Code gegönnt. 

Worin willst du begraben werden?
Puh, ich glaube ich will nackig verbrannt werden. FKK forever!

Was geht jeden Tag?
Eine High Waist Jeans mit einem knalligen Top und dem Gaspard Cardi von Sezane.

Hey Eileen, was hast du an?

Mein Centerpiece ist dieser knallpinke Rüschenbody von Zara, den mir meine Freundinnen zum Geburtstag geschenkt haben. Jeder, der mich kennt, weiß: dieser Body, das bin ich. Ich habe Lateinamerikanistik studiert und war 2006 mit dem DAAD für ein Praktikum bei der Literaturzeitschrift „Letras Libres“ in Mexiko-Stadt. Ich habe in Coyoacán gelebt, dem Stadtteil, in dem auch Frida Kahlos „Casa Azúl“ steht. Dort, inspiriert von den Farbexplosionen, die ich auf den Märkten, in den Häusern, in der Kunst, in der Natur, in der Kleidung der Menschen sah, habe ich eine absolute Passion für leuchtendes Fuchsia-Pink entwickelt. Zeitweise hatte ich alles in diesem Pink, sogar meine Bettwäsche und Unterwäsche – bis mein Mann sagte, dass es ihm in den Augen weh täte und ich auch mal ein paar andere Farben kaufen solle. 

Und dann steht dieses Top für mich auch für eine meiner liebsten Serien aus meiner Zeit in London, nämlich „Sex and the City“. Eine Prise Carrie hat noch niemandem geschadet.

Die Jeans und die Jeansjacke sind von Zara. Dazu gibt es die Side Story, dass meine Freundin Carmen die Zara-Filiale in der Friedrichstraße miteröffnet und viele Jahre geleitet hat. Sie ist meine Zara-Geheimagentin. Sie weiß genau, welche Produkte aus hochwertigen Materialien sind und wann die Sales losgehen. Die Gazellen in weiß-rot habe ich aus einem meiner liebsten Second-Hand-Läden, entweder von Dear in der Stargarder oder Loretta in der Oderberger, genau weiß es nicht mehr. Und die Herzchen-Ohrringe sind von meinem Herzensmenschen Jenny, und ihrem Label BlackWhiteGrey. 

Ein neues Accessoires, das kein Geld gekostet hat, sind meine grauen Strähnen. Ich habe diesen Sommer beschlossen, nicht mehr zu färben und eine Silver Sister zu werden. Inspiriert dazu haben mich die bildschönen Frauen meiner Gyn Praxis „Obenrum untenrum“, die übrigens die beste HRT-Beratung in ganz Berlin und vermutlich auch in Europa machen (Privatpraxis but worth every penny!). 

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Fotos: Kai Senf

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