Anna Dushime: ‚Deutsche Redaktionen müssen unbedingt mehr Perspektiven abbilden‘

Wenn auch ihr schon einmal über die unfassbar guten Clips von Browserballet oder Aurel Original gelacht habt, dann habt ihr sicherlich auch schon mal über Anna Dushimes Witze gelacht. Als Redaktionsleiterin betreut sie u.a die Autoren und Autorinnen, die hinter den erfolgreichen Formaten stecken. Die Berlinerin steckt außerdem hinter den Podcasts Hart Unfair und 1000 erste Dates. Wenn das alles nicht beeindruckend genug wäre, haben wir es ihr zu verdanken, eine auch auf Deutsch witzige Version von Sarah Coopers Buch ‚Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen‘ auf unserem Schreibtisch liegen zu haben. Danke dafür, Anna!

HSM: Liebe Anna, stell dich doch bitte einmal vor.
Ich bin Anna Dushime und 32 Jahre alt, Sternzeichen Waage & Schwarz. Der Rest ist mir egal, haha.

HSM: Bist du ein Millennial oder Teil von GenZ?
Ich glaube, ich gehöre zu den Millennials. Keine Ahnung, ob schon geriatric Millennials, aber Millennials.

HSM: Wie bist du zum Übersetzen und Schreiben gekommen?
Ich bin eher zufällig reingerutscht. Ursprünglich habe ich Marketing studiert und kam nach meinem ersten Job bei ResearchGate zufällig an BuzzFeed als sie damals nach Deutschland zogen und ihr Hauptstadtbüro aufgemacht haben. Dort habe ich meine ersten Posts geschrieben und es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Danach habe ich in einer Werbeagentur als Creative Director gearbeitet und hab dort im Grunde auch Geschichten erzählt. Das ist so der rote Faden, der sich durch mein professionelles (aber auch privates) Leben zieht. Ich wollte schon immer gerne Geschichten erzählen und jetzt versuche ich es gleich auf allen Plattformen. Podcasts, Kolumnen, TV-Shows, Online-Clips und meine Selbstgespräche unter der Dusche. Es geht immer nur ums Geschichten erzählen. Jetzt bin ich festangestellt, habe aber viele freie Projekte.

HSM: Du hast das grandiose Buch von Sarah Cooper übersetzt. Was gefiel dir an dem Projekt und warum sollten wir es sofort kaufen?
Ich bin ein großer Fan von Sarah Cooper und habe in Tech-Startups, in der Werbung und anderen männerdominierten Branchen gearbeitet. Da hab ich nicht zweimal überlegt als ich gefragt wurde, ob ich das Buch übersetzen will. Das Buch ist wirklich für jede*n: Ich hab mich in vielen Situationen wiedererkannt und gelacht/geweint gleichzeitig. Es ist aber auch für Männer – einfach um mal zu lernen ohne eine Frau zu unterbrechen.

HSM: Du bist in zwei Redaktionen als Autorin tätig, die verdammt witzig sind. Wie ist der Arbeitsalltag? Wie bei der Serie 30 Rock?
BESSER als 30 Rock! Mein “typischer” Tag sieht ungefähr so aus: Wir starten den Tag mit einem morgendlichen Setup-Meeting mit einigen aus dem Team. In diesem Termin sprechen wir über das, was am Tag ansteht und wer welche Aufgaben übernimmt. Danach spreche ich mit den Autor*innen im Writers Room (Dank Corona eher ein Writers Zoom als ein Room) und wir gehen durch, was wir für beide Formate an Inhalte kreieren wollen. Bildwitze, Clips, Tweets, Drehbücher. Danach tausche ich mich mit den jeweiligen Senderredaktionen aus, die für unsere Formate zuständig sind. Für Aurel Original ist es das ZDF und für das Browser Ballett ist es der NDR. Dann ist auch schon Mittags und ich esse eine Kleinigkeit und beantworte dabei Mails oder lache über Memes.

Nachmittags machen wir in der Regel ein paar Brainstorm-Runden. Bei MTV Cribs würde man jetzt sagen: This is where the magic happens. In diesen Runden tauschen wir Ideen aus und geben uns gegenseitig Feedback. Danach gehen die Ideen an die Senderredaktionen und sobald das Feedback da ist, werden die Drehbücher geschrieben. Am späten Nachmittag gibt es noch einige Meetings mit der Produktion, ohne die diese verrückten Ideen es nicht ins TV oder Internet schaffen würden.Abends zoomen wir manchmal noch mit einem Feierabendbier in der Hand oder ich schalte ab, indem ich Reality TV Queen Claudia Obert bei der Suche nach der große Liebe zuschaue.

HSM: Wie nimmst du Redaktionen in Deutschland und Chancen für nicht-Akademikerkinder wahr?
Deutsche Redaktionen müssen unbedingt mehr Perspektiven abbilden. Vor allem die Perspektiven von: Nicht Akademiker*innen, Schwarze, People of Color, Menschen mit Behinderungen, ältere, jüngere Menschen, Menschen aus der LGBTQIA+ Community. Alle profitieren davon.

HSM: Wie kann man die berufliche Zusammenarbeit zwischen Eltern und nicht-Eltern verbessern?
Mehr zuhören, weniger annehmen, Eltern soweit es geht den Rücken freihalten, aber auch nicht aus Projekten zu früh rausrechnen.

HSM: Wie nimmst du die sogenannte Insta-Mom-Szene oder Eltern in Berlin wahr? Fällt dir was auf?
Ich nehme wahr, dass um mich herum mehr Freund*innen Kinder bekommen. Ich liebe Kinder und freue mich, wenn ich alle Kinder meiner Frend*innen, die ich nur über Zoom, Facetime o.ä kenne bald IN REAL LIFE in den Arm nehmen darf. Insta-Mom Blase nehme ich fast gar nicht wahr. Mein extrem subjektiver Eindruck ist, dass es stressiger ist in Berlin 2021 Mutter zu sein als in Kigali 1988 (da wurde ich nämlich geboren). Das hat viele verschiedene Gründe nehme ich an. Es hat sicherlich auch viel mit meiner Mutter zu tun. Was ich aber auf jeden Fall wenig zielführend finde ist, verschiedene Lebensentwürfe oder Arten Mutter zu sein gegeneinander auszuspielen. Damit ist niemandem geholfen.

HSM: Was haben deine Eltern in deiner Kindheit super gemacht?
Cheesy aber ich finde dass meine Mutter sehr vieles, fast alles richtig gemacht hat. Mein Vater wurde leider früh umgebracht, sodass er mich “nur” bis zum 5. Lebensjahr erziehen konnte. Seine Werte leben aber immer noch in mir weiter. Ich wurde aber auch von meinen Tanten, Cousinen, Onkeln und von meinem tollen Stiefvater (mit)erzogen. It really takes a village to raise a child, wie man so schön sagt.

HSM: Und was nicht so?
Mir hätte es geholfen früh zu lernen, dass es okay ist um Hilfe zu bitten und dass man nicht in jeder Lebenslage stark sein muss. Pünktlichkeit, Selbstorganisation und wie man seine “Steuern macht” musste ich mir sehr spät (vor zwei Wochen erst) mithilfe von YouTube Tutorials selbst beibringen. Das hätten meine Eltern besser oder überhaupt machen können. Dafür haben sie mir viele Sprachen beigebracht, was ein okayer Trost ist.

HSM: Hast du Erinnerungen an coole Kinderserien oder Bücher? Welche empfiehlst du da?
Als Kind habe ich Ben liebt Anna von Peter Härtling geliebt. Die Neukirchener Kinderbibel habe ich auch als KInd gerne gelesen und am liebsten habe ich Dexter’s Laboratory, Powerpuff Girls und Caillou gerne geschaut. Das Kinderbuch Sulwe von Lupita Nyong’o, die deutsche Übersetzung von Dr. Maisha-Maureen Auma empfehle ich immer gerne und ehrlich gesagt alles, was es bei Tebalou gibt.

Anna Dushimes Tipps für Berlin und fürs digitale Leben

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