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Judith Hoersch: „Selten wütend, aber sehr oft fassungslos“

Wir treffen die Schauspielerin und Autorin Judith Hoersch am Volkspark in Schöneberg. Hier lebt sie schon lange und liebt es. Judith schreibt Romane und manchmal Drehbücher. Der nächste Roman erscheint im Frühjahr 2026 bei Piper. 

Seit 26 Jahren steht sie vor der Kamera und auf der Bühne und ab dem 17. April läuft im ZDF die neue Staffel mit sechs Filmen der Reihe »Lena Lorenz«, in der sie die Titelfigur der Hebamme Lena spielt. 

Was macht dich gerade glücklich?
Ich bin oft glücklich und oft zufrieden. Es sind die kleinen Dinge. Ein gut gelungener Schreibtag. Wenn Dinge gelingen. Gerade macht es mich glücklich wieder zurück in den Bergen zu sein, wo wir ein halbes Jahr leben und ich die TV-Reihe »Lena Lorenz« drehe. Ich schreibe außerdem an einem neuen Roman, der spielt auch in den Bergen und durch den Wald zu spazieren empfinde ich als Glück und ebenfalls als sehr inspirierend.  

Was macht dich gerade wütend?
Ich würde sagen, dass ich selten richtig wütend, aber sehr oft fassungslos bin.  So würde ich es beschreiben. Der Rechtsruck in unserem Land.  Das wir immer und immer wieder Gleichberechtigung, Chancengleichheit, Selbstbestimmungsrechte diskutieren müssen.  

Wo bist du gerne?
Auf Reisen, am Schreibtisch, auf Bühnen, an Filmsets und egal wo mit meiner Tochter. 

Wo bist du gerne in deiner Stadt?
Mein Lieblingsort in Schöneberg ist der Buchladen Bayerischer Platz. Sie haben eine exzellente Auswahl und ich finde immer was. Ich gebe viel Geld für Bücher aus — viel mehr als für Mode und habe dabei nie ein schlechtes Gewissen. Bei Kleidung schon, vor allem wenn es nicht Second Hand ist. Und Bücher wärmen auch. Nur besser. 

Ich gehe gerne Pho im Madame Ngo auf der Kantstrasse essen. Und ins Café Papalacup in Schöneberg. Es ist gemütlich und sie haben das beste Frühstück. 

Hast du Tipps für Eltern in deiner Stadt?
Ich gehe mit meiner Tochter gerne in Museen. Es muss nicht unbedingt ein Kindermuseum sein, aber wenn es eins sein soll, mag ich gerne das Mach-Mit-Museum im Prenzlauerberg, oder das Anoha/Jüdisches Museum. Ich gehe aber auch in alle anderen Museen und sie findet im Technischen Museum genauso viel zu entdecken, wie in der Nationalgalerie. 

Zuletzt waren wir im Rollpalast. Da haben sie in Steglitz aus dem alten Globetrotter eine Rollschuhbahn gemacht. 

Meinen Style würde ich beschreiben als…
Hauptsache Farbe, inkonsequent und eine wilde Mixtur. Ich habe lange gebraucht zu begreifen, dass ich nicht einen Stil habe. Ich ziehe mich an, wie ich mich fühle. Manchmal brauche ich es praktisch und manchmal extravagant. Ich habe Phasen und daher ist auch mein Kleiderschrank eine Mischung all dieser Phasen. Am liebsten kaufe ich Mäntel und Schmuck, auch wenn ich letzteres viel zu selten trage. 

Worauf würdest du zehn Jahre sparen?
Zehn Jahre? Für nichts wirklich. Was weiß ich, was in zehn Jahren ist, wie ich da drauf bin und was mich da interessiert. Derzeit spare ich dennoch, und zwar weil ich dafür sorgen möchte auch mal ein Jahr erwerbslos sein zu können. Als Schauspielerin und Autorin habe ich zwei kreative Berufe, die nicht garantieren, das es immer grandios läuft, das ich immer was ‚produziere‘ das auch Geld abwirft. Ich möchte gerne, dass meine Bücher, kreativen Projekte und Wünsche nicht sofort auch mit finanziellen Nöten in Ketten gelegt werden. Mein Handeln und Denken muss frei bleiben und dafür braucht man eben auch Geld. 

Welches Kleidungsstück deiner Eltern hat dich geprägt?
Mein Vater trug gerne Jeanshemden. Sie waren irgendwann total verschliessen und ausgeblichen und wurden dadurch immer schöner. Ich habe zwei nach seinem Tod geerbt und trage sie gerne. Eins von Levis und eins von Wrangler, sie sind beide aus den frühen 80ern. Sie sind viel zu gross und das finde ich gut. 

Welches Kleidungsstück aus deiner Kindheit hättest du gerne noch?
Ich hatte Zebra Chucks in der 8. Klasse, die im Dunkeln geleuchtet haben und ich würde sie sofort wieder tragen. 

Welches Kleidungsstück aus deiner Jugend hast du noch?
Kein richtiges Kleidungsstück. Aber eine rote Plastikbrosche in Kussmund Form. Ich schaue sie nur an und trage sie nie. Aber ich finde sie immer noch sympathisch.

Welches Kleidungsstück hast du dir zuletzt gekauft?
Ein langer, schwerer, brauner, oversize Männermantel auf dem Flohmarkt am Arkonaplatz.  

Worin willst du begraben werden?
Ich möchte nicht begraben werden. Ich möchte verbrannt werden und ins Meer, oder auf eine Wiese. Dafür brauche ich auch nichts tragen. 

Was geht jeden Tag?
Schreiben, Kaffee, Doc Martens und durch die Stadt oder übers Land Laufen. Musik! 

Was genau hast du an und was ist die Geschichte hinter deinem Outfit? 
Mein Schmuck ist Vintage, der Ring vom Night Market in Indien, der Anzug und das Top von Suzanne, die Schuhe sind New Balance.

Vielen Dank, liebe Judith!

Fotos: Kai Senf

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