Katja Lewina schreibt Texte und Bücher „Oft handeln sie von Sexualität und Beziehungen“, sagt sie. Ich erinnere mich gut an das erste Mal, als ich Sie hat Bock gelesen habe. Ich wusste, von ihr wird noch so viel Wichtiges kommen. „Mein letztes Buch Was ist schon für immer aber, handelt von der Endlichkeit, einem Thema, das zu meiner Überraschung noch viel stärker tabuisiert ist als Sex.“
Zwischen Außenalster und Kunsthalle treffen wir die Autorin auf dem Weg zum Hotel, denn sie ist auf Lesereise und viel unterwegs. Danke, dass wir dich in Hamburg treffen durften!

Was macht dich gerade glücklich?
Dass ich am Leben bin und es genießen darf. Mein Sohn ist mit sieben Jahren plötzlich gestorben, ich selbst habe eine Herzerkrankung mit ungewisser Lebenserwartung. Auf dieser Welt zu sein, sie gestalten zu können, und dann auch noch hier im sicheren Europa, ist ein wahnsinniges Privileg, dessen sich viele Menschen überhaupt nicht bewusst sind. Dabei ist es so herzzerreißend schön!
Was macht dich gerade wütend?
Es gibt schon eine Menge Nerviges im Leben, Ungerechtigkeiten, Schmerz – das kann ich nicht bestreiten. Wut geht bei mir trotzdem meistens schnell vorüber. Wenn ich was ändern kann, ändere ich es. Wenn nicht: Wozu sich aufregen?
Wo bist du gerne?
Auf der Bühne, bei meinen Lesungen. Wenn ich mit den Menschen quatschen kann, die meine Bücher lesen, macht mich das wahnsinnig glücklich.
Wo bist du gerne in deiner Stadt?
Wenn ich Zeit in Potsdam hab, gehe ich gerne in den Park Sanssouci zum Spazieren oder Walken. Er liegt nur ein paar Minuten von unserer Wohnung entfernt. Im Sommer ist er voll von Tourist:innen. „Und ich wohne inmitten all dieser Schönheit!“, denke ich dann immer ganz selbstzufrieden.
Meinen Style würde ich beschrieben als…
… zeitlos elegant. Aber manchmal schreit auch irgendwas „Punkrock!“ in mir, und dann wird’s wild.

Worauf würdest du zehn Jahre sparen?
Auf nix! Ich liebe gute Qualität, und ab und an kann ich sie mir auch leisten. Was ich mir nicht leisten kann, brauche ich nicht. Abgesehen davon: In zehn Jahren würde ich eh schon wieder was anderes wollen!
Grunge geht einfach immer.
Welches Kleidungsstück deiner Eltern hat dich geprägt?
Während der Schwangerschaft mit meinem Bruder trug meine Mutter vor allem ein kariertes Flanellhemd, so richtig Grunge. Inzwischen hat meine siebzehnjährige Tochter es geerbt, Grunge geht einfach immer.
Welches Kleidungsstück aus deiner Kindheit hättest du gerne noch?
Alles, was ich als Kleinkind in Moskau getragen habe. Wenn ich Fotos von damals sehe, werde ich oft ganz wehmütig, die Sachen waren unglaublich süß. Zwei Kleidchen hatten wir nach Deutschland mitgenommen, aber ich habe sie in einem Anfall von Habgier mit einer Freundin gegen irgendeine Puppe getauscht. Als mir mein Irrtum klarwurde, bekam ich sie zurück – zerschnitten.
Welches Kleidungsstück aus deiner Jugend hast du noch?
Bedauerlicherweise keins. Die meiste Zeit meines Lebens war ich schrecklich unsentimental: Sachen kommen, Sachen gehen, was sollen wir sie festhalten? Erst in den letzten Jahren fange ich an, Dinge aufzubewahren, Tagebücher nicht mehr wegzuschmeißen, nachdem sie vollgeschrieben sind. Besondere Kleidungsstücke, die nicht mehr getragen werden, warten jetzt auf meine Töchter.
Welches Kleidungsstück hast du wahrscheinlich am Längsten?
Das habe ich gerade wehen Herzens entsorgt: Einen dunkelblauen Merinopullover, durch dessen Ellenbogen man schon fast durchsehen konnte. Ihn habe ich bestimmt zehn, zwölf Winter getragen.
Welches Kleidungsstück hast du dir zuletzt gekauft?
Einen schwarzen Anzug von Filippa K., den ich seitdem fast jeden Tag anhabe. Der Wollstoff ist so fein, ich bekomme mich noch immer nicht ein vor Freude darüber! Überhaupt ist das der erste richtige Anzug meines Lebens. Ich hatte keine Ahnung, wie leicht es ist, sich ohne Aufwand gut angezogen zu fühlen.

Worin willst du begraben werden?
Das ist mir komplett egal. Wenn ich tot bin, kümmern mich Klamotten eh nicht mehr.
Was genau hast du an und was ist die Geschichte hinter deinem Outfit?
Da ist der eben schon erwähnte Anzug (trage kaum etwas anderes mehr), dazu ein warmer Rolli aus Schurwolle von COS (habe ihn in gefühlt allen Farben, es gibt kaum etwas Besseres im Winter) und natürlich meine Auftrittsschuhe! Die sind von VIA VAI und ziemliche Kompliment-Magneten (selbst ich beglückwünsche mich ständig zu diesem Kauf!), und ich trage sie auch außerhalb der Bühne, so oft ich nur kann.

Der Mantel von Edited ist schon alt und abgetragen, aber ich bringe es nicht übers Herz, mich von ihm zu trennen, weil Farbe und Schnitt einfach perfekt sind. Bis ich sowas in Neu gefunden habe …
Und weiter: Mein neuer Nortvi-Koffer macht mich übrigens gerade ziemlich glücklich. Hab mich statt überteuertem Schickimicki für richtig tolles Preis-Leistungsverhältnis entschieden, und feiere mich echt für meinen Pragmatismus. Vor ein paar Jahren hätte ich das garantiert noch anders gemacht.

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