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Lisa Ludwig: „Manchmal ist die Abwesenheit von Unglück auch genug“

Wenn ihr Lisa Ludwig noch von früher kennt, dann vielleicht wegen VICE Broadly. Meinen allerersten Artikel ohne Fußballbezug durfte ich unter ihrer Leitung dort veröffentlichen. Überhaupt war Broadly ein gutes Baby, bevor es eingestampft wurde. Aus der Ferne habe ich sie bewundert, die Frau mit den unglaublichsten Haaren und unfassbarsten Gesicht. Aber da Schönheit ja nur die halbe Miete ist, ist diese Rap-Expertin und Pop Culture-Chefin auch noch äußerst witzig. Klug sowieso.

Wir treffen die freiberufliche Journalistin am Nollendorfplatz in Berlin-Schöneberg, denn hier kann man gut essen gehen oder im Sommer bis spät nachts an der Straße sitzen und reden, sagt Lisa. Auch, weil der Edeka schräg gegenüber von der U-Bahn-Station eine sehr gut sortierte Weinabteilung hat. Sagt Lisa, die auch Autorin (Buch- und Drehbuch), Podcasterin, Redakteurin, Formatentwicklerin … kreative Person, im Endeffekt, ist.

Ihr könnt ihren Substack-Newsletter abonnieren, in dem sie sich mit all things popculture und manchmal auch Aspekten des gesellschaftspolitischen Miteinanders auseinandersetzt. Ich weiß diesen Newsletter sehr zu schätzen und kann ihn uneingeschränkt weiterempfehlen! Unter @notstrongonlyaggressive findet ihr Lisa Ludwig auf Instagram.

Was macht dich gerade glücklich?
Momentan nichts. Das ist aber OK. Manchmal ist die Abwesenheit von ganz akutem Unglück auch genug.

Was macht dich gerade wütend?
Dass die einzig richtige Antwort auf den politischen Rechtsruck eine sozialere Politik ist und nicht, eine Light-Version der AfD zu performen, und die großen und größeren deutschen Parteien das entweder nicht verstehen oder nicht wollen. Und, ganz anderes Thema: Dass KI kreative Jobs frisst, aber keine Dino-DNA reproduzieren kann. Wir bewegen uns mit riesengroßen Schritten in ein durch menschliche Hybris entstandene Endzeitdystopie und bekommen nicht mal einen fucking Jurassic Park?!

Wo bist du gerne?
In der Wüste. Oder generell irgendwo, wo ich sehr weit gucken kann, ohne irgendetwas zu sehen. Ich brauche Weite und Leere für meine Seele (und merke gerade, wie prätentiös das klingt. Ugh?).

Wo bist du gerne in deiner Stadt?
Im alten Westberlin. Ich habe Teile meiner Kindheit in Lichterfelde gewohnt – wenn auch nicht im schicken Teil – und hatte Bekannte an der Grenze zu Dahlem und Zehlendorf. Auch heute noch gehe ich gerne in diesen total ruhigen Straßen spazieren, in denen eine Villa neben der nächsten steht. Komplett unerreichbar für mich, aber manchmal tut träumen ganz gut.

Hast du Tipps für Eltern in deiner Stadt?
Ich habe kein eigenes Kind, wollte meinem Neffen bei seinem letzten Besuch aber unbedingt das Naturkundemuseum zeigen. Die haben das größte montierte Dinosaurierskelett weltweit ausgestellt und sogar einen T-Rex! Als Kind hat mich das schon wahnsinnig begeistert und der Rest der Dauerausstellungen sind auch total toll und kindergerecht. (Und ich kann das einschätzen, ich habe einen Bachelor in Museumskunde!) Schlussendlich bin ich mit meinem Neffen dann doch nicht hin, weil das Wetter die Hölle war und er dann doch lieber Dragon Ball Z auf der Playstation spielen wollte. Und was soll ich sagen? Auch das kann ich nachvollziehen.

Meinen Style würde ich beschrieben als…
… Mangel an Plus-Size-Optionen meets die Person in der Zombieapokalypse, die an einer Karriere als Sniper-Schützin scheitert, weil man sie durch ein dramatisches Kleidungsteil oder Accessoire schon von weitem erkennt.

Mode ist mir wichtig, weil…
Gute Frage. Weil sie der Teil meines Aussehens ist, über die ich die meiste Kontrolle habe? Weil sie eine Visualisierung meiner Persönlichkeit ist? Ich glaube, ich fühle mich gerade vor allem geschmeichelt, dass ich aussehe, als wäre mir Mode wichtig.

Worauf würdest du zehn Jahre sparen?
Eine funktionierende Bauchspeicheldrüse.

Welches Kleidungsstück deiner Eltern hat dich geprägt?
Meine Mutter hatte in den 90ern einen sehr, sehr weiten Mantel in Braun- und Blautönen, den ich damals schon wahnsinnig schön fand. Oversized-Jacken und weite Pullis liebe ich bis heute.

Welches Kleidungsstück aus deiner Kindheit hättest du gerne noch?
Ich habe Eminem aus Gründen, die immer noch schmerzen, bei seinen Deutschlandauftritten nie live sehen können, obwohl ich ab meinem zwölften Lebensjahr absolut obsessed mit ihm war. Dafür hatte ich ein extrem cooles T-Shirt von seiner Tour zur Marshall Mathers LP. Sehr, sehr sicher würde ich da nicht mehr reinpassen. Aber es wäre eine schöne Erinnerung. Wobei … Eigentlich hatte ich als Kleinkind die coolsten Klamotten. Auf der einen Seite bunte Bomberjacken, dann aber auch ein kariertes Kleid mit Igeln drauf. Aber davon bleiben mir zumindest Fotos. Das Eminem-Shirt ist einfach verschwunden.

Welches Kleidungsstück aus deiner Jugend hast du noch?
Keines. Wir sind oft umgezogen, ich bin vergleichsweise früh von zu Hause ausgezogen und weiß beim Großteil der Dinge, die ich mal besessen habe, nicht, ob sie verschenkt, verkauft oder in irgendeinem Keller irgendeines Familienmitglieds gelagert wurden. Finde ich aber auch nicht schlimm – zumindest was alte Klamotten angeht.

Welches Kleidungsstück hast du wahrscheinlich am Längsten?
Kleidung sortiere ich regelmäßjg aus. Zählt Schmuck? Ich habe so ein SOS-Amulet mit allen gesundheitlichen Infos und einen kleinen Pferde-Kettenanhänger aus Silber. Die sind beide bestimmt über 25 Jahre alt. Das Pferd hat mittlerweile nur noch drei Beine.

Welches Kleidungsstück hast du dir zuletzt gekauft?
Ich habe gerade mehrere Sachen auf einmal online bestellt. Ziemlich wilde Mischung. Von Turnschuhen bis absurd dramatischem Abendkleid ist alles dabei. War halt im Sale. In Geschäften kann ich leider nur selten einkaufen. Selbst bei H&M gibt’s große Größen nur noch online.

Worin willst du begraben werden?
In etwas, womit meine Liebsten mich verbinden. Beerdigungen sind für die Lebenden, nicht die Toten. Aber wäre schon cool, wenn das etwas wäre, worin ich als Geist zumindest ein bisschen hot aussähe.

Liebe Lisa, was hast du an?
Ich trage meine absolute Lieblingsjacke, eine oversized Bomberjacke in olivgrün. Die ist super bequem und passt zu allem. Ich glaube, die hatte ich dieses Jahr sogar bei einem Berlinale-Empfang im Bochardt dabei.

Das Kunstlederoberteil ist von Good American, der Marke von Khloe Kardashian. Das habe ich mal in einem Sale gekauft, in Braun und Schwarz. Das ist für mich ein perfektes Kombiteil, weil es hauteng und dadurch sexy ist, und ich mich trotzdem komplett angezogen fühle. Das sitzt wie eine zweite Haut, nur im Hochsommer wird’s ein bisschen zu schwitzig.

Den Maxirock habe ich vor Jahren bei H&M gekauft, werde aber immer wieder gefragt, ob der von Versace ist. Wahrscheinlich sollte ich mir angewöhnen zu lügen. Manchmal trage ich den mit Blazer zu einer Filmpremiere, manchmal ziehe ich mir einen Pulli drüber und treffe mich mit einer Freundin zum Essen. Der Rock geht eigentlich immer, obwohl oder gerade weil er so auffällig ist.

Die Schuhe sind meine Verlegenheitsboots. Eigentlich liebe ich Doc Martens, schwarz natürlich, scheitere aber seit fast einem Jahr daran, mein aktuelles Paar einzulaufen. Deswegen müssen die roten Stiefel herhalten, wenn ich mal was Halbschickes brauche, was trotzdem super bequem ist.

Die Crossbody-Tasche habe ich dieses Jahr in Cannes gekauft. Zu den Filmfestspielen gibt es jedes Jahr neues Merch und da finde ich eigentlich jedes Mal irgendwas. Crossbody-Bags liebe ich, weil ich meine Wertsachen dann unmittelbar am Körper trage. Ich bin nämlich die Art von Person, die ihre Handtasche sonst immer auf dem Schoß hat und festhält.

Den schmalen Ring mit dem Auge hat mir meine Großmutter geschenkt. Die ist Mitte 90 und hat über die Jahre einiges an Schmuck angesammelt, den sie größtenteils selbst nicht mehr trägt. Der Ring ist wahrscheinlich nicht viel wert. Modeschmuck, den sie mal irgendwo mit meiner Tante gekauft hat. Aber er erinnert mich an sie und ich habe mich sehr gefreut, als sie mir den vor ein paar Jahren bei einem Besuch in die Hand gedrückt hat.

Insgesamt ist mir bei meinen Outfits immer wichtig, dass ich mich wohlfühle. Ich will nicht permanent den Bauch einziehen müssen oder mich nur in Trippelschritten und mit Fußschmerzen fortbewegen können. Ich mixe gerne eher Girly-anmutende Elemente wie den Rock mit eher roughen Kleidungsstücken wie einer Bomberjacke. Das passt zu mir als Mensch – und da ist es mir dann auch egal, ob das andere schick oder modisch finden.

Danke, liebe Lisa, und alles Gute!

Alle Fotos: ©KaiSenf 

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