Hauptstadtmutti

Mein Leben ohne BH: No Bra ist wunderbar

Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, dass Menschen mit Brüsten BHs tragen, schon allein wegen der Schwerkraft und so. Ein BH war für mich ein ganz besonderes Kleidungsstück und definitiv mehr als nur ein “Stabilisator”. Ich erinnere mich daran, dass er mir als kleines Mädchen schon fast wie der Heilige Gral vorkam. Wer einen trug, gehörte offiziell zum Club der „erwachsenen“ Frauen. Totaler Quatsch, ich weiß, aber ich wünschte mir damals nichts sehnlicher, als dazuzugehören.

Einen BH zu tragen, bedeutete, dass man Brüste hat und wer Brüste hatte, war weiblich und das wollte ich unbedingt sein. Und so kam es, dass ich ab dem Tag an dem ich einen Ansatz einer Brust hatte, einen BH trug. Obwohl ich BHs schon immer irgendwie unbequem fand. Und ich meinen, beim nach Hause kommen direkt zusammen mit den Schuhen auszog. Dennoch war er das coolste Kleidungsstück überhaupt.

Warum trage ich einen BH?

Bis zum Sommer 2020. Ich war gerade nach einem langen Tag auf dem Weg nach Hause, als ich bei gefühlt 38 Grad im Stau landete und ganz fürchterlich genervt von allem war. Ich hatte Hunger, Durst und überhaupt war es einfach viel zu warm. Es war ein klassischer Mimimi- Anfall. Da ich aus der Situation nicht raus konnte, ganz egal wie sehr ich mich selbst bemitleidete, fragte ich mich, was mir außer Mitleid in der Situation jetzt helfen könnte.

Mein erster Impuls “Ich will sofort meinen BH ausziehen”. Keine Ahnung warum, aber von einer auf die andere Sekunde war es keine Option mehr, ihn zu tragen. Als ich meinen BH auszog und ihn auf den Beifahrersitz zu schleuderte, fühlte ich mich großartig. Doch warum? War es nicht das coolste Kleidungsstück der Welt? Irgendwie war mir plötzlich nicht mehr sicher. Mir fiel auch kein vernünftiger Grund ein, warum ich ihn überhaupt trug.

Der Umfang meiner Oberweite und die Schwerkraft waren schon mal nicht der Grund, denn da gab es nicht viel das stabilisiert werden musste. Doch was es dann? Etwa nur, weil man das eben so macht? Oder weil ich als Kind glaubte, dass er der Heilige Gral sei, der mich weiblich machte?

Während ich auf die Bremslichter der Autos starrte, ließ ich meine Brüste-BH-Geschichte Revue passieren. Am Anfang zog ich BHs an, um dazuzugehören. Dann stellte ich fest, dass sie mir halfen, meinen eigenen Körper zu formen und zu optimieren. Mutternatur hatte mir keine großen Brüste geschenkt, doch Push Ups halfen mir dabei so zu tun als ob. Ich weiß noch, wie neidisch ich auf die Frauen mit großen Brüsten war. Als ich schwanger wurde, legte sich der Neid und ich verstand zum ersten Mal das Ding mit der Stabilisierung. Von B auf DD in 9 Monaten, das muss man mir erst mal nachmachen. Das Problem war nur, nachdem ich abgestillt hatte, war das DD plötzlich nur noch ein A Körbchen. Und nach dem zweiten Kind sogar nur noch ein AA. An dem Punkt brachten selbst die Push Ups nichts mehr. Denn es gab einfach nichts mehr zu pushen. Also entschied ich mich todesmutig ungepolsterte BHs zu tragen. Und oh Wunder, es interessierte niemanden.

No Bar ist wunderbar!

So viel zur Historie. Doch was war jetzt der Grund? Warum zog ich heute mit BH Größe AA jeden Tag einen an? Tatsächlich Gewohnheit oder einfach nur um andere nicht mit meinen Nippeln zu belästigen? Irgendwie ergab das alles keinen Sinn! Wo war ich in dem ganzen Wahnsinn? Sollte das coolste Kleidungsstück überhaupt nicht dafür da sein, dass ich mich gut fühle. Ganz unabhängig davon, was andere eventuell denken könnten?

Da ich trotz reiflicher Überlegungen keinen vernünftigen Grund für das Tragen eines BHs fand, beschloss ich noch im Stau, dass mein neues Motto ab sofort „No Bra ist wunderbar“ sein würde. Dieser heiße Sommertag hat mir gezeigt, dass ich kein Bock mehr auf “das macht, man so” habe und dass ich dafür sogar das coolste Kleidungsstück überhaupt infrage stelle.

Mittlerweile trifft man mich fast immer oben ohne an. Auch wenn diese „Was-sollen-die-anderen-nur sagen-Stimme“ sich manchmal immer noch laut zu Wort meldet. Vor allem wenn ich ein weißes T-Shirt anziehe. Das war am Anfang echt der Horror. Ich habe mich so dafür geschämt, dass andere meine Nippel sehen könnten. Mittlerweile ist es ok. Ich fühle mich ohne BH einfach viel freier und das ist cool.

Ab und zu ziehe ich aber doch noch einen an, dann aber aus den richtigen Gründen. Einfach, weil ich das will und nicht weil man es so macht. Und was das Nippelshaming angeht, hast du schon mal einen Mann getroffen, der Angst davor hatte, dich mit seinen Nippeln zu belästigen?In diesem Sinne #freeyourboobs sofern du das möchtest. 

In diesem Sinne #freeyourboobs sofern du das möchtest.

PS: Und für den Anfang sind Nippel Pads eine super Lösung. Aufkleben und fertig. Damit bleibt das ohne BH-Feeling erhalten und das Kopfkino bleibt aus.

Corinna findet ihr auf Instagram unter @corinna.mamok oder auf ihrer Website. Außerdem könntet ihr euch ihr Buch Mama, mutig, mittendrin besorgen.

Corinna hat außerdem die fantastische Sex-zember Trilogie geschrieben. Dort schreibt sie in drei Teilen, wie sie versucht hat, 24 Tage lang jeden Tag Sex zu haben. Zu Teil 1 geht hier entlang.

Genauso interessant sind ihre Artikel über pupsende Vaginas oder Sex im Familienurlaub