So in der Art hatte ich mir mein Sex-zember Experiment vorgestellt. 24 spaßige und lustvolle Nächte voller Leichtigkeit. Doch wie heißt es so schön, wer Gott (oder wen auch immer) zum Lachen bringen will, soll Pläne machen. Ich würde sagen, ich habe für schallendes Gelächter gesorgt. Denn statt Spaß, Lust und Leichtigkeit bekam ich gleich am ersten Tag PMS, Blähungen und die Hirntumor-Diagnose meines Hundes serviert. Kurz gesagt, ich hatte einen echten Scheißtag.
Ein Start mit Hindernissen
Normalerweise hätte ich den Abend allein auf der Couch mit zu viel Eis und zu viel Selbstmitleid ausklingen lassen. Doch statt TV an und Hirn aus stand an diesem Abend Klamotten aus und Libido an auf dem Programm. Die Frage war nur, wie? Wie zur Hölle sollte ich meine Gefühlslage von “am Boden zerstört” zu “Yeah, lass es uns tun” drehen? Alles, was ich fühlte, war pure Traurigkeit und innerer Widerstand. Denn ein Teil von mir wollte ganz unbedingt im Selbstmitleid ertrinken, schließlich war die Welt böse und gemein. Während ein anderer kleiner, aber energischer Teil in mir sich nicht von seinen Plänen abhalten lassen wollte.
Alles nur eine Entscheidung, oder was?
Nach einem heftigen Schlagabtausch in meinem Hirn entschied ich mich schließlich dafür. Auch wenn der laute Teil in mir mich für den größten Spinner unter der Sonne hielt. Und mir Sätze wie “Du kannst doch jetzt nicht ans Vögeln denken, wenn du offensichtlich total im Arsch bist. Jetzt ist Selbstmitleid angesagt. Keine heiße Vögelei.” entgegnete. Doch ich beschloss mich weder von den äußeren Umständen noch von meiner aktuellen Gefühlslage von meinem Plan abhalten zu lassen. Denn wenn ich eins im Leben gelernt habe, ist es, dass es nicht darauf ankommt, welcher Mist mir das Leben ungefragt serviert. Es kommt darauf an, wie ich darauf reagiere. Auch wenn es definitiv bessere Tage gibt, um ein solches Unterfangen zu starten, wird es nie den ominösen perfekten Zeitpunkt geben. Deshalb warte ich nicht mehr darauf, dass irgendwas irgendwann besser wird, ich mache einfach. In dem Fall hatte ich eben trotz Traurigkeit, verheulter Augen und PMS, Sex. Und erstaunlicherweise auch noch richtig Guten.
Manchmal hart, manchmal zart
In Fifty Shades of Grey sagte Christian irgendwann mal “I don’t make love. I fuck. hard.”. Auch wenn ich nichts gegen einen harten Fick habe, ist Sex eben mehr als ein harter Fick. Sex ist nicht nur das Ergebnis von sich entladender Lust. Sex hat viele Gesichter. Er kann heiß, lustvoll, wild und laut sein, aber eben auch zart, leise, tröstend und schon fast heilsam sein. Sex kann ein Ausdruck von Liebe sein und einem trotz widriger Umstände das Gefühl geben, dass alles ok ist. Er bringt dich dazu deine Gedankenschleife zu verlassen und endlich wieder ins Fühlen zu kommen.
Sex, die etwas andere Achtsamkeitsübung
Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass Sex schon etwas von einer Achtsamkeitsübung hat. Auch wenn ich dabei für gewöhnlich weder leise bin noch regungslos dasitze. Aber es gibt gewisse Parallelen. Ich weiß nicht, wie das bei anderen Menschen ist, aber wenn ich Sex genießen will, dann muss ich loslassen. Ich muss loslassen, um mich darauf einzulassen. Genau wie bei Achtsamkeitsübungen auch muss ich im Hier und Jetzt ankommen. Und aufhören meinen Sorgen, meiner To-do-Liste oder irgendwas anderem gedanklich hinterher zu hängen. Nein, wenn ich guten Sex haben will, dann muss ich aufhören zu denken und anfangen zu fühlen. Und dann ist es einfach nur der helle Wahnsinn.
“Stopp, bitte nochmal auf Anfang”
Doch manchmal klappt das Loslassen nicht so einfach. Und so sagte ich tatsächlich während des Sex “Stopp bitte noch mal auf Anfang”. Was wie eine Regieanweisung klingt, war das Ergebnis der Paarkalender-Christmas-Challenge. Ich musste feststellen, dass ich lieber mein eigenes Drehbuch schreibe, anstatt auf die Vorschläge anderer zu hören. Ich liebe es, neue Dinge auszuprobieren, aber ich mag es nicht, wenn mir jemand sagt, was ich ausprobieren soll. Dann fange ich wieder an zu denken und das ist Mist. Ich folge lieber meiner Intuition. Also haben wir mittendrin aufgehört, um noch mal neu anzufangen. Ein sehr spannendes Erlebnis. Doch der Kalender hatte auch durchaus positive Auswirkungen auf unser Liebesspiel. Ja, manches Türchen sorgte dafür, dass ich den ganzen Tag Kopfkino hatte und die Kinder am liebsten bereits um 17Uhr ins Bett gesteckt hätte. Außerdem stellte ich fest, dass Vibrator nicht gleich Vibrator ist.
Was ein Vibrator mit Laufschuhen zu tun hat?
Ein Bekannter von mir war mal wahnsinnig entsetzt, als ich ihm sagte, dass meine Laufschuhe bereits 5 Jahre alt waren. Er sagte mir, um richtig schnell laufen zu können, müsste ich meine Schuhe regelmäßig ersetzen. Nachdem ich meinen neuen Vibrator ausprobierte, fragte ich mich, ob ich zukünftig meine Laufschuhe und Vibrator im gleichen Rhythmus ersetzen sollte. Denn mein in die Jahre gekommener Vibrator funktionierte zwar “gut”, aber ganz ehrlich, mit ihm bin ich schon lange nicht mehr so schnell über die Ziellinie gekommen wie mit dem Neuen. Das einzig Störende daran, die Geräuschkulisse. Die hat mich tatsächlich an ein Auto mit Anlasserproblemen erinnerte. Aber hey, wofür gibt es bei Spotify die ganzen Sexplaylists? Wer noch Inspiration braucht, Billy Raffoul “Acoustic” kann ich sehr empfehlen.
12 Tage hintereinander Sex- noch Bock?
Ehrlich gesagt ja. Auch wenn ich mir an stressigen Tagen einen mentalen Schubs geben muss, weil ich statt Lust nur To-dos im Kopf habe. Doch ich habe festgestellt, dass Sex gerade dann Wunder wirkt. Denn die Nähe zu meinem Mann erleichtert mir den Ausstieg aus dem Gedankenkarussell und erlaubt mir einen Perspektivwechsel. Doch nicht nur das, ich konnte bis jetzt auch viele andere positive Nebenwirkungen feststellen. Ich schlafe so tief und fest wie schon lange nicht mehr, wir streiten kaum bis gar nicht. Wir sind in unserem ganzen Verhalten viel aufmerksamer geworden und wir lachen so viel wie lange nicht mehr. Generell sind wir beide viel entspannter, auch gegenüber den Kindern. Es tut uns gut. Und ja, ich glaube so langsam, dass an Barneys Stinsons Theorie zum Weltfrieden tatsächlich was dran ist. Zumindest bei uns.
Corinna findet ihr auf Instagram unter @corinna.mamok oder auf ihrer Website. Außerdem könntet ihr euch ihr Buch Mama, mutig, mittendrin besorgen.
Ihr wollt direkt rüber zu Teil 3? Hier entlang.
Genauso interessant sind ihre Artikel über pupsende Vaginas, Sex im Familienurlaub oder das Leben ohne BH.