Hauptstadtmutti

Geplanter Kaiserschnitt: 5 Mythen

„Geplanter Kaiserschnitt? Ach, die hatte einen?“ Da wissen wir doch gleich Bescheid: Frau marschiert mit lackierten Fingernägeln auf High Heels in den OP, lässt sich das Kind rausziehen, Bauchdeckenstraffung gleich mit dazu (zumindest wenn man prominent und/oder reich ist) und am nächsten Tag geht´s weiter mit dem Leben als wäre nichts gewesen. Nur halt +1. Klar. 

Ich hatte zwei geplante Kaiserschnitte und kann sagen: Das ist nicht nur ziemlich realitätsfern, sondern auch einigermaßen unfair. Unfair, weil es den Kaiserschnitt abtut, als wäre er keine richtige Geburt und das, was da auf die Welt kommt kein normales Baby, das einem alles abverlangt. Darum lasst uns mal aufräumen mit ein paar Mythen rund um die nicht-vaginale Geburt aka. Bauchgeburt. Vorab: Für einen geplanten Kaiserschnitt gibt es viele Auslöser – neben persönlichen Gründen der Gebärenden auch rein medizinische. Beispielsweise um sicherzustellen, dass Baby und/oder Mama die Geburt sicher überstehen. Ich schreibe hier über meine persönlichen Erfahrungen (jede Geburt ist individuell, das hat uns Instagram doch mittlerweile alle gelehrt, oder?) und Kaiserschnitte, für die ich mich bewusst entschieden habe. 

Mythos 1: Geplant heißt zum Wunschtermin

„Also, am 15. hatte ich jetzt schon eine Karte fürs Theater gebucht, da wäre ich gern wieder fit. Kriegen wir das hin?“ – „Alles klar, dann halten wir doch den 07. fest, da haben sie eine Woche Puffer, das sollte reichen.“ 

Ähm, nein. So liefen meine Gespräche zur Geburtsplanung jedenfalls nicht. Es geht bei der Terminfindung zuallererst ums Kindeswohl, nicht um die Kalendereinträge der Mutter. Ein geplanter Kaiserschnitt findet frühestens ab Vollendung der 37. Woche statt, wenn die Lunge des Ungeborenen fertig ausgebildet ist. Auch ein Kind aus Bauchgeburt sollte atmen können, wenn es auf die Welt kommt – ziemlich logisch.

Ausnahmen solls ja immer geben – meine Termine jedenfalls wurden sogar so angesetzt, dass ich die 40 Wochen fast voll mache und ein möglichst ausgereiftes Baby das Licht des OP-Saals erblickt. Soweit die Theorie, die Praxis – nun ja – bitte weiterlesen…

Mythos 2: Planung heißt Sicherheit

„Donnerstag um 08:30 Uhr?“ Wunderbar. Dann sag ich für Mittwochabend Jule und Arne noch zum Dinner zu. Donnerstag schnell ins Krankenhaus  – ach und wenn alles glattgeht, könnte doch Montag um 15:00 Uhr schon der erste Besuch aufschlagen… Super. Die Geburt lässt sich als iCal-Eintrag abhaken? You wish.

Zugegeben, auch ich hatte einen Kalendereintrag. Zwei sogar: In unseren Familienkalender, der sich mit der Cloud des Kindsvaters synchronisiert, tippelte ich beide Male ambitioniert den Termin „Geburt XY“ rein. Ein geckiges Tier-Emoji dazu. Check. Unser Date im OP-Saal steht. Dachte ich. Dabei hätte ich vielleicht ahnen können, dass Familienmitglieder in spe ohne Mailadresse auch die Termineinladung nicht erhalten. Jedenfalls kamen sie einfach, wann es ihnen passte – und das war eben ein paar Tage früher. Ich hatte nicht mal den Termin zur Anästhesie, der zwei Tage vor der Entbindung angesetzt war, da klopften sie schon an. Was beim ersten Kind noch mit: „Ach, eigenwillig wie die Erzeugerfraktion“ belächelt werden kann, stellt beim zweiten, dritten, x-ten Kind das gleiche logistische Problem wie bei einer Spontangeburt dar: Wohin mit dem Rest der Rasselbande, wenn die Muddi schnell weg muss? Ich legte mir also bei der zweiten Geburt Plan B, C und D zurecht, um für alle Tages- und Nachtzeiten betreuungstechnisch gewappnet zu sein. Verlassen kann man sich nur darauf, dass das Kind am Ende rauskommt – Termin hin oder her. Ich schlug also zweimal unter Wehen im Krankenhaus auf. Cliffhanger.

Mythos 3: Die schmerzfreie Geburt

Erinnert ihr euch noch an den Reel-Hype auf den Sound „Can we skip to the good part?“ bei Instagram? Man klatscht passend zum Text aufs Handy und ist plötzlich im Urlaub, im neuen Job, von einer schweren Krankheit geheilt. So stellen sich wohl viele den geplanten Kaiserschnitt vor – man umschifft schön die Schmerzen der Austreibungsphase und ist nach fünf Minuten OP beim guten Teil angekommen, hält sein Baby in der Hand. Selig betäubt am ganzen Unterleib. Ich für meinen Teil habe zumindest die Eröffnungsphase mitgenommen, ehe die PDA gelegt wurde – meine Entscheidung für einen Kaiserschnitt hat mir also die Wehenschmerzen nicht abgenommen. Doch selbst wenn alles nach Plan läuft, haben Kaiserschnitten einen entscheidenden Nachteil in Sachen Schmerzen gegenüber spontan Gebärenden: Der Schmerz fällt nicht nach der Geburt ab, sondern flammt erst so richtig auf. Ohne das „Morgens-Mittags-Abends“-Pillendöschen am Krankenhausbett geht gar nichts, man ist dauerhaft auf Ibu und Paracetamol – immer schön im Wechsel. Lieber vorsorgen als nachsorgen ist das Motto bei der Dosierung, nur nicht das Schmerzgedächtnis auf dumme Gedanken bringen. Und als mich drei Wochen nach der Geburt eine Erkältung erwischte, wollte ich lieber ersticken statt abzuhusten, weil der Zug auf die innere Naht wie hunderttausend Nadelstiche war. Da mag die Geburt an sich erstmal schmerz“frei“ sein, aber dass ein Kind neun Monate kommt und neun Monate geht, haut auch beim Kaiserschnitt hin – die Schmerzphase verschiebt sich eben, auf unbestimmte Zeit.

Mythos 4: Aufstehen, als wäre nichts gewesen

Meinen ersten Gang aufs Klinikklo überwachte eine Krankenschwester. Ich schaffte es genau bis über die Badschwelle – und klappte dann zusammen. Das ist nichts Ungewöhnliches und so bugsierte mich Schwester Yvonne einfach wieder zurück ins Bett. Dann eben später nochmal. Das Adrenalin aus der Geburt, die Schmerzmittel in meiner Blutbahn: Nichts hat dafür gesorgt, dass ich plötzlich die Superkräfte habe, die vielen Kaiserschnitten zugesprochen werden. Als ich vor einigen Jahren von der Star-Köchin las, die wenige Tage nach ihrem Kaiserschnitt wieder in der Küche stand – das Kind baumelte in einer Baby-Hängematte neben dem Herd – da glaubte ich das genau so. Wow, die hat Power, dachte ich sogar noch. Dabei ist nichts cool daran, seinen Körper nach einer Geburt zu knechten, um einen alles-wie-immer-Zustand mit Blingbling vorzugaukeln. Das weiß ich heute und wage zu behaupten, dass in der Erzählung ein bisschen Übertreibung mitschwingt. Für den Wow-Effekt. Wer einen Kaiserschnitt hinter sich bringt, muss sich genauso schonen wie nach einer vaginalen Geburt. Selbst wenn die körperliche Fitness schnell wiederkehrt: Da ist immer noch ein Baby, das jede Minute Aufmerksamkeit fordert. Kein Kaiserschnitt der Welt bewahrt vor Überforderung, Übermüdung oder Milchstau. Höchstens eine Nanny.

Mythos 5: Na, Stillen klappt ja dann wohl nicht

Speaking of Milchstau… „Konntest du überhaupt stillen?“ wurde ich oft gefragt. Von Menschen, die denken, es mangele an den richtigen Hormonen, weil das alles ja so unnatürlich ist: Ein Kind einfach auf die Welt rupfen. Das kann doch dann nicht klappen. Dabei sollte man nicht vergessen, dass ein Körper durchaus checkt, dass irgendwas anders ist, wenn plötzlich Plazenta samt Anhang verschwunden sind. Zeit, zu reagieren. „Öffnet die Schleusen – lasst die Milch fließen!“ hieß es da auch nach meinen Kaiserschnitten. Mit Kohlblättern auf meinen überdimensionierten Brüsten wartete ich sehnsüchtig darauf, dass das Baby aufwacht, ehe ich platze. Ist natürlich nicht passiert. Also, das Platzen. So wie eine natürliche Geburt kein Garant dafür ist, dass die Milch (rechtzeitig) einschießt und das Stillen automatisch klappt, ist ein Kaiserschnitt kein Ausschlusskriterium fürs Stillen. Ob und wie das Stillen funktioniert hängt von viel mehr Faktoren ab als nur dem Geburtsvorgang: Richtiges Anlegen, Hormone, Nippelbeschaffenheit, psychischer Zustand der Mutter, körperlicher Zustand des Babys – um nur einige zu nennen. Man kann natürlich gebären und direkt stillen. Man kann natürlich gebären und nicht stillen. Man kann natürlich gebären und erst spät stillen lernen. Man kann einen Kaiserschnitt haben und direkt stillen. Oder später. Oder gar nicht. Prinzip verstanden? Am Ende ist es mit dem Stillen wie mit jeder funktionierenden Beziehung. Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Wenn ihr mehr über mich erfahren wollt, schaut gerne auf meiner Seite www.janinafocke.de vorbei oder checkt mein Insta-Profil @janina.focke

Noch mehr zum Kaiserschnitt findet ihr hier und Hauptstadtmutti findet ihr auf Instagram hier.

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