Pupsende Vaginas haben es auf die Kinoleinwand geschafft! Ganz ehrlich, ich habe diese Szene in “Wunderschön”, einem Film von und mit Karoline Herfurth, so gefeiert. Ich wäre am liebsten aus meinem Kinosessel aufgesprungen und hätte “Endlich!” geschrien. Endlich wird darüber gesprochen. Denn ich weiß noch, wie allein und kaputt ich mich gefühlt habe, als ich den “Flatus Vaginalis” das erste Mal erlebt habe.
Genau wie Sonja in dem Film bin ich damals auch tränenüberströmt aus dem Schlafzimmer gerannt. Und genau wie in dem Film hat auch mein Mann die Welt nicht mehr verstanden. Er war eher so “Wo ist das Problem?”. Doch mich hat dieser Furz so überrascht, dass ich von meinem Schamgefühl gepaart mit einem zerstörerischen Gefühl “kaputt zu sein”, so überwältigt wurde, dass ich nichts anderes mehr tun konnte, als zu heulen.
Pupsende Vaginas? Unsexy?
Dass ich irgendwann mal “normal” geräuschvoll vor meinem Partner pupsen werde, ist mir im Verlauf unserer Beziehung klar geworden. Denn je länger du mit jemanden zusammen bist, desto geringer die Chancen, dass dir nicht einmal einer entwischt. Und der Moment war mir schon mehr als peinlich, aber es war ok, denn ich war darauf vorbereitet, dass dieser Tag irgendwann kommen muss. Und mit ein wenig Humor kann man so einiges aus der Welt schaffen.
Doch auf diesen Muschi Pups war ich überhaupt nicht vorbereitet. Denn bevor wir Kinder hatten, gab es diese Extra-Geräuschkulisse nicht. Da gab es nur sexy Töne. Und das, was da plötzlich aus meiner Vagina kam, war definitiv keine schöne Melodie. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich glaubt, dass sich ein Laktose intoleranter Mensch unter unserem Bett versteckt hat, nachdem er einen Liter Milch getrunken hat.
Und ganz ehrlich zu dem Zeitpunkt, als dieses Erlebnis noch ganz frisch und in meinem Hirn absolut unverarbeitet war, konnte ich auch mit niemanden darüber sprechen. Selbst mit meinen Freundinnen nicht. Ich habe noch nicht einmal gegoogelt. Das Einzige, was ich dachte, war: “Bitte lass es nicht wieder passieren”. Doch es passierte wieder. Und wieder. Und wieder. Und wie mit jeder Scheiße, die einem im Leben so passiert, wird man von Mal zu Mal abgestumpfter. Während ich beim ersten Mal noch heulend rausgerannt bin. Ist es mir beim 20. Mal kaum noch mehr aufgefallen. Und heute schreibe ich darüber, als wäre es normal. Was es auch ist.
Es ist normal, oder?
Denn rückblickend betrachtet ist es eigentlich ein Wunder, dass mir Queefing (Scheidenfurz) nicht schon früher begegnet ist. Denn so ein Pups kann dir in jedem Alter und nicht nur beim Sex, sondern auch beim Sport passieren. Es ist ja nichts anderes als Luft, die in die Vagina kommt und diese wieder geräuschvoll verlässt. Immer, wenn du eine Position z.B. beim Sport einnimmst, in der dein Beckenboden gedehnt ist besteht die Möglichkeit, dass Luft in die Vagina kommt. Und wenn dem so ist, muss sie auch (mal mehr und mal weniger geräuschvoll) wieder entweichen.
Wie normal pupsende Vaginas sind, durfte ich in den letzten Wochen wieder vermehrt feststellen. Denn während mich mein erster Scheidenfurz zum Heulen gebracht hat, scheint es für andere Frauen absolut unspektakulär und normal zu sein. Eine meine Freundinnen sagte dazu nur “Echt, du hast das erst nach den Geburten erlebt? Bei mir war das schon immer so”. Und in dem Moment dachte ich mir nur “Krass, ich kenne dich schon so viele Jahre, wir haben schon immer über alles gesprochen, warum zur Hölle hatte ich so viel Scham, dieses Thema anzusprechen?”
Es hat mich ein wenig an den Look meiner Vulva erinnert, denn da dachte ich auch so ungefähr 20 Jahre an mir wäre was verkehrt, bis die Vulva Abdrücke plötzlich trendy waren und ich festgestellt habe, dass ich absolut “durchschnittlich” aussehe.
Wenn pupsende Vaginas und Vulvas, bei denen die inneren Vulvalippen größer sind als die äußeren der Durchschnitt sind, dann ist es auch kein Wunder, warum mein Mann nie verstanden hat, was eigentlich gerade mein Problem ist. Aber er konnte ja auch schlecht sagen “Ach Schatz völlig normal, das war bei XY und all den anderen auch so”. Dafür hätte ich ihm im wahrsten Sinne des Wortes seine Seite des Betts abgebaut (habe ich tatsächlich mal).
Also hat er was gesagt. Und alles, was ich als Vergleichswert hatte, war anders. Denn wo hätte ich pupsende Vaginas oder Vulven mit größeren inneren statt äußeren Vulvalippen sehen und hören können? Maximal im Porno und da scheint es wie in der Modebranche auch Standardschönheitsideale und Geräusche zu geben, die mit 98% der Bevölkerung nichts zu tun haben.
Aus diesem Grund finde ich es so wichtig, dass wir darüber sprechen. Denn nur so wird es tatsächlich “normal”. Und es dürfen noch ganz viele andere Dinge normal werden. Zum Beispiel all die schambehafteten Themen rund um den Beckenboden. Hier gibt es auch noch zu viele Tabus. Wie oft hört man, dass man zum Beckenbodentraining Liebeskugeln benutzen soll? Oft oder? Für den Anfang die Leichten und dann die mit mehr Gewicht.
Und wie oft hörst du, dass Frau einen Heulkrampf bekommt, weil sie selbst die Leichten nicht mehr halten kann? Nicht so oft. Und warum? Weil es blöd und unsexy ist. Auch wenn sich das Bild, wie man als Frau zu sein hat, immer mehr wandelt, sitzt dieser “Perfect Girl” Anspruch bei den meisten immer noch tief. Denn natürlich, wir wollen auch mit Kindern sexy sein, aber Sätze wie: “Ach übrigens meine Muschi furzt und eingeführte Liebeskugeln fallen ohne Vorwarnung einfach wieder raus”, hören sich eben unsexy an.
The first Muschifurz is the loudest
Und trotzdem sollten wir darüber sprechen. Denn ist genauso wie ich es oben beschrieben habe, der erste Muschifurz bringt dich noch aus dem Konzept. Bei Muschifurz 120 lächelst du noch nicht einmal müde. Lasst uns ein paar neue Varianten zu “normal” hinzufügen. Genauso wie Nippel mit Falten. Als ich nach Kind Nummer zwei abgestillt hatte und plötzlich so viel Gewicht verloren habe, hatten meine Nippel tatsächlich für ne ganze Weile Falten (ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll).
Hätte ich nicht 15kg zugenommen, wäre es wahrscheinlich heute noch so. Und wie hat sich das angefühlt? Kacke! Denn erstens konnte ich mich noch sehr gut daran erinnern, wie schön ich sie vorher fand, und zweitens kannte Nippel mit Falten nur aus Trash TV Sendungen, wenn die Leute zum Schönheitsdoc gerannt sind. Und jeder gegrölt hat: “Ja, bei den Brüsten ist es ja kein Wunder, das sie sich operieren lässt.”
Das ist doch Mist, oder? Aus diesem Grund schreibe ich gerade diese Zeilen. Ich will nicht, dass sich Frauen alleine oder kaputt fühlen, nur weil ihr Körper nicht makellos ist und vielleicht das ein oder andere Geräusch macht. Ich will, dass wir offen über diese Themen sprechen können. Denn wenn wir mit Mut darüber sprechen, dann nehmen wir der Scham den Wind aus den Segeln.
Und irgendwann gibt es da nichts mehr, wofür wir uns schämen. Wäre es nicht cool, wenn unser Äußeres nicht unser ganzes Leben lang unser Inneres bestimmt? Irgendwann sind wir (hoffentlich alle) alt und der Schein unserer Jugend ist vergangen. Also warum nicht heute schon damit anfangen uns mit all unseren Macken und Makeln anzunehmen, wie wir sind?
Corinna findet ihr auf Instagram unter @corinna.mamok oder auf ihrer Website. Außerdem könntet ihr euch ihr Buch Mama, mutig, mittendrin besorgen.
Corinna hat außerdem die fantastische Sex-zember Trilogie geschrieben. Dort schreibt sie in drei Teilen, wie sie versucht hat, 24 Tage lang jeden Tag Sex zu haben. Zu Teil 1 geht hier entlang.
Corinna probiert gerne einiges aus, unter anderem hat sie beschlossen, fortan keinen BH mehr zu tragen. Sie schreibt auch äußerst unterhaltsam über das Thema Sex im Familienurlaub!