Habt ihr euch früher eigentlich gefragt, was eure Lehrkräfte in ihrer Freizeit veranstalten? Dass sie überhaupt ein Leben haben neben ihrer Tätigkeit als Lehrkraft? War ja schon befremdlich genug, dass die überhaupt Vornamen hatten. Nun, heute lüftet sich für Manche der Vorhang: es soll Lehrerinnen geben, die auch gerne ins Stadion gehen! Eva-Maria Siewert ist Lehrerin an einem Gymnasium für Deutsch und Biologie. Und Fan von Union.
Sag mal Eva, wo sind denn diese Fotos entstanden?
Im schönsten Fußballstadion der Welt – der alten Försterei in Berlin. Ich liebe diesen Ort. Mein Mann und ich hatten hier vor 12 Jahren quasi unser zweites Date beim Weihnachtssingen, als es noch ganz klein und familiär war. Ein Tag vor Weihnachten trifft man sich in diesem vergleichsweise kleinen Stadion und singt zusammen Weihnachtslieder. Ich musste mich quasi in Mann und Stadion verlieben – ein Kerzenmeer, alle freuen sich auf Weihnachten und dann noch dieser fantastische Glühwein… Außerdem liebe ich Fußball. Ich muss mich oft dafür rechtfertigen aber hier kann ich auch einfach mal (grundlos) pöbeln. Ich liebe dieses Gemeinschaftsgefühl, die Stimmung und sobald ich in die Nähe des Stadions komme, kribbelt es im Bauch. Deshalb ist und bleibt das hier immer ein ganz besonderer Ort für mich.
Was macht dich gerade glücklich?
Zu sehen, dass meine Arbeit auch langfristig Auswirkungen auf einzelne Menschen hat. Als Lehrkraft ist man oft genug Einzelkämpfer:in. Manche Tage sind einfach ein Kampf: gegen das System, manche Kolleg:innen, Eltern (oft die Endgegner) und eben eine Horde individueller Kinder, denen du nicht immer gerecht werden kannst. Ich war erst kürzlich auf einem Alumnitreffen meiner alten Schule und habe dort ehemalige Schüler:innen getroffen, die mittlerweile einfach krass erwachsene Menschen geworden sind und sich wirklich aufrichtig über das Wiedersehen gefreut haben und sogar noch Anekdoten berichten konnten.
Ich habe den Weg nach Hause eigentlich nur geheult, weil mich das so glücklich gemacht hat. Ich komme manchmal an meine Grenzen im Schulsystem und frage mich – wofür racker ich mich hier so ab? Und dann spürst du plötzlich, dass es doch um viel mehr geht als das bloße Vermitteln von Fachwissen, dass ich wirklich die Möglichkeit habe, Kinder auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen vielleicht einen kleinen Stups in die richtige Richtung zu geben. Ich wurde gerade als Vertrauenslehrerin gewählt und das macht mich unendlich glücklich und auch stolz!
Davon kann ich mir nichts kaufen, bekomme kein Foto auf der Wand für die Mitarbeiterin des Monats oder reduzierte Stunden aber ich weiß, dass ich für manche Kinder eine Anlaufstelle sein kann, der sie sich anvertrauen können und die ihnen eine helfende Hand reicht und das ist doch eigentlich was zählt!
Was macht dich gerade wütend?
Herbstrotz. Die Tage, an denen in letzter Zeit keiner in der Familie krank war, bekomme ich wirklich easy an einer Hand abgezählt. Ich hasse rotzende und hustende Menschen in der Öffentlichkeit, die auch nach Corona komplett vergessen haben, wie man halbwegs appetitlich in den Ellenbogen niest.
Wo bist du gerne?
Da ich im Süden Deutschlands aufgewachsen fühle ich mich in den Bergen und Wälder immer wohl: Zack rein, Kopf aus, Ruhe. In den letzten Jahren habe ich aber auch das Meer lieben gelernt. Besonders St. Peter Ording hat mein Herz im Sturm erobert. Hier fahren wir jedes Jahr mit einer Horde wundervoller Menschen hin. Mehr Kinder als Erwachsene mittlerweile aber ich liebe diesen Klassenfahrtvibe so dolle.
Wo bist du gerne in deiner Stadt?
Ich wohne ja relativ ruhig ganz am Rande Berlins. Das ist ein selbstgewähltes Schicksal und ich liebe es auch hier zu wohnen aber meine Eltern leben in Kreuzberg am Görli und ich bin bei jedem Besuch doch ein kleines bisschen neidisch, dass sie dadurch so viel cooler sind als ich. Hier pulsiert auch im Sommer abends das Leben auf den Straßen und das vermisse ich manchmal und genieße es dann umso mehr, wenn ich für kurze Zeit wieder ein Teil davon sein kann. Naja und ansonsten eben in Köpenick bei Union Berlin.
Hast du Tipps für Eltern in deiner Stadt?
Ich glaube bei gutem Wetter findet man in Berlin einfach schöne Orte, an denen man die Kinder super lüften kann. Bei schlechtem Wetter gehen wir gerne ins Labyrinth-Kindermuseum.
Meinen Style würde ich beschreiben als… Puh, das finde ich mega schwierig zu sagen. Früher war ich irgendwie immer auf der Suche und hatte nie das Gefühl, dass ich wirklich ausdrücken kann, wer ich eigentlich bin. Da lag meine Prio meistens eher darauf vorteilhaft auszusehen und Problemzonen zu kaschieren. Dann war ich bei der YOU GLOW Masterclass von Edda und Isa und habe dort wirklich herausarbeiten können, was mir steht, worauf ich Lust habe und wie ich mich auch einfach wohlfühlen kann. Der Leitspruch „Lippen müssen knallen“ begleitet mich seitdem jeden Tag und auch so ist viel mehr Farbe in meinen Style eingeflossen und lieb es einfach!
Mode ist mir wichtig… weil sie mir hilft, mich außen auch so zu zeigen, wie ich mich innen fühle. An schlechteren Tagen hilft mir Farbe wiederum auch meine Stimmung aufzuhellen. Ich merke auch, dass mein Umfeld drauf positiver reagiert – manchmal muss es eben knallen , wenn der Rest schon trist ist, gerade jetzt im Herbst/Winter in Berlin, wo alles oft grau und bedrückend wirkt.
Worauf würdest du zehn Jahre sparen?
Individuell angefertigten Schmuck. Meine Freundin Inga macht so schöne Dinge, von denen ich auch schon einige tragen darf, wie meinen Hochzeits-und Verlobungsring aber auch bei meiner Freundin Jule würde ich gerne den Shop leerplündern.
Welches Kleidungsstück deiner Eltern hat dich geprägt?
Meine Mutter töpfert und hatte früher immer eine Kette mit bunten getöpferten Kugeln, die hat mich immer faszinierte. Mittlerweile ich habe ich sie mir gemopst und muss sie auch schon vor meinen Töchter beschützen.
Welches Kleidungsstück aus deiner Kindheit hättest du gerne noch?
Ich hatte so eine dunkellilafarbene Hose mit aufgedruckten Samtblumen. Ich würde sie wahrscheinlich nicht mehr tragen aber warum auch immer, ich muss manchmal an sie denken.
Welches Kleidungsstück aus deiner Jugend hast du noch?
Ich habe tatsächlich letztens meine Dr. Martens wiedergefunden – rotes Lackleder, was habe ich die geliebt. Theoretisch passen sie mir auch noch aber ich finde sie furchtbar unbequem. Vielleicht bin ich doch zu alt für die Dinger?!?
Welches Kleidungsstück hast du wahrscheinlich am Längsten?
Mein Hochzeitskleid, da passe ich auch nicht mehr rein und laufe nicht Gefahr, es abzunutzen.
Welches Kleidungsstück hast du dir zuletzt gekauft?
Einen knallbunten Wintermantel.
Worin willst du begraben werden?
Warm und kuschelig muss es sein.
Was geht jeden Tag?
Knallige Lippen!
Was genau hast du an und was ist die Geschichte hinter deinem Outfit?
So sehr ich aktuell bunte Outfits liebe – beim Stadionbesuch kann ich nicht ganz so flexibel sein. Falsche Farben können da schnell missverstanden werden. Mein Stadionoutfit ist eigentlich immer sehr ähnlich aufgebaut. Da mein Mann gefühlt Unioner erster Stunde ist, habe ich dankenswerterweise immer eine große Auswahl an Trikots und Schals. Dieses Mal habe ich ein weißes Trikot aus der Saison 2016/2017 gewählt. Ich liebe den Kragen dazu, der ganz unklassisch asymmetrisch ist und in dem sich der Berliner Bär versteckt. Ich trage auch im Alltag immer gerne einen Bleistiftrock mit Strumpfhose.
Da im Stadion lange gestanden wird, braucht man im Herbst warme Füße. Ich mag den Retrocharme der Adidas-Boots in Kombination mit den Tennissocken von Union. Rote Fingernägel und Lippen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Hier ist der Farbton wichtig, es muss schon unionrot sein. Ich habe mich einmal etwas vergriffen und die Farbe war zu weinrot – ich wurde wirklich mehrmals im Stadion freundlich darauf hingewiesen, dass das falsch ist. Als Jacke habe ich mir getreu dem Retrostyle eine Jeansjack mit weiteren Ärmeln ausgeguckt – die habe ich tatsächlich bei C&A entdeckt. Herzstück ist natürlich der Schal. Dieser ist etwas ganz Besonderes – der Derby-Schal des Rückspiels gegen Hertha Berlin 2013. Berlin bleibt rot-weiß…
Danke, liebe Eva-Maria, und alles Gute!
Alle Fotos: ©KaiSenf
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