Egal wem ich erzählt habe, dass wir letztes Wochenende eine Pressereise ins Tropical Islands antreten durften, sie alle haben gleich reagiert: Von oben herab, dann skeptisch und schließlich neugierig. So sind sie, meine übercoolen Wahlberliner, zu cool für alles, selbst Erholung. „Und, wie war’s? Also wirklich?“ Vorab möchte ich sagen, dass ich es jedem uneingeschränkt empfehlen kann, es wenigstens auszuprobieren. Und zwar mit Übernachtung!
Nur wer es ausprobiert hat, kann auch seinen Senf dazu abgeben!
Eigentlich ist das schönste am Bloggen, dass man Dinge ausprobieren darf, auf die man entweder nie selbst gekommen wäre oder die man zwar seit einer Ewigkeit auf der Liste hat, aber einfach.nicht.dazu.kommt.
Das Tropical Islands führt unsere Liste von Dingen, die wir einfach endlich mal ausprobieren wollten, seit Jahren an. Vom Berliner Hauptbahnhof eine Stunde mit dem Regionalexpress entfernt, verspricht es Wärme, tropische Klimabedingungen, Regenwald, lagunenhafte Bademöglichkeiten und Wochenend-Urlaub mit Schönwettergarantie auf 6 Hektar. Was es meiner Meinung nach nicht nur verspricht, sondern auch hält: Unkompliziert rauskommen und den Kopf frei kriegen.
Mit Kindern zu verreisen wird immer so gerne als völlig unkompliziert verschrien und dass man das einfach so machen kann. Doch manchmal möchte man halt nicht wandern, oder an die Ostsee und selbst zwei Stunden im Auto können ewig lang wirken. What ever happened to einfach mal chillen? Die Kinder toben lassen, nichts machen, keine Kalorien zählen, keine Entspannungsübungen zu einer bestimmten Uhrzeit auf einer bestimmten Matte, sondern, uhm, einfach entspannen.
Wir haben uns genau das vorgenommen. Uns um nichts zu kümmern, nur zu sein. Deshalb packte ich nur ein Buch ein. Keinen Laptop, keine Kopfhörer, keine Zeitschriften. Nur ein Buch. Und zwar „Unterleuten“ von Juli Zeh.
Endlich die perfekte Kulisse um diesen Gesellschaftsroman zu lesen. In dem Buch geht es um ein kleines Dorf in Brandenburg, welches gerade so noch am Speckgürtel Berlins liegt und sich mit der Aussicht auf einen Windpark in ihrem Naturschutzgebiet rumschlagen muss. Frau Zeh hat da ein Buch geschrieben, welches sich wundervoll lesen lässt! Gerade als Zugezogenene aus Westdeutschland, die überlegt rauszuziehen, musste ich immer mal wieder innehalten und mich selbst daran erinnern, dass Berlin natürlich nicht nur aus Mitte und Kreuzberg besteht. Eigentlich weiß man das ja auch.
„Gerhard war ein Exulant, geflohen aus dem Gespinst von Belästigungen, zu dem das moderne Leben geworden war. Größenwahnsinnige Arbeitgeber, unfreundliche Verkäuferinnen, Dauerbaustellen auf Hauptverkehrsstraßen, stundenlange Parkplatzsuche, Kinderwagen in überfüllten U-Bahnen. Überall Werbung, die den Verstand beleidigte. Nachbarn, die am Samstagmorgen Regale an die Wände schraubten. Kinder, die in der Wohnung oben Fangen spielten. Leute, die nicht wussten, dass es zum Musikhören Kopfhörer gab. Zehn verschiedene Paketdienste, die alle zwanzig Minuten klingelten, um eine Sendung für die Nachbarn abzugeben. Zugeschissene Bürgersteige. Überwachungskameras und flimmernde Monitore an jeder Ecke. Unternehmensberater am Arbeitsplatz. Berufsverkehr, Rollschuh-Demos, neurotische Hunde, überquellende Mülltonnen und Menschen, die den lieben langen Tag auf ihre Smartphones starren, um jene ungesunde Mischung aus Panik und Langeweile nicht zu spüren, die für den aktuellen Zeitgeist typisch war.“
Mit dem Kind toben und es hochheben konnte ich aufgrund einer Verletzung eh nicht also einfach mal Brandeburgs Finest unter einem Dome wie bei der Truman Show erleben! Und die obercoolen, zugezogenen Berliner Mitte-Menschen hinter uns lassen! Ich habe auch immer wieder innegehalten, mir die Menschen um mich herum angeschaut und mich gefragt, bist du ein Kron oder ein Gombrowski? Ob die Menschen damals beim Bau der Zeppelinhalle von Tropical Islands auch so protestiert haben? Bin ich jetzt eine Fließ oder eine Wachs, wenn ich hier liege, und mir solche elitären Gedanken mache? Oder was ist man denn eigentlich als Westdeutsch geprägte in der Sowjetunion geborene Wahlberlinerin?
„Am Rande seines schmalen Gesichts schwangen die ungeschnittenen Haare vor und zurück. Er sah nett aus und ein bisschen albern, typischer Wahl-Berliner, mit ausgelatschten Turnschuhen, künstlerischen Ambitionen und dem festen Entschluss, lieber zu sterben als erwachsen zu werden.“
Soll ich euch mal ein Geheimnis verraten? Eines, das euch garantiert vom Hocker hauen wird? Wir sind die letzten uncoolen Berliner Eltern. Wir haben null Interesse an Südostasien. Zu heiß, zu luftfeuchtig, zu weit weg. Während gefühlt halb paternal Berlin seine Elternzeit auf Bali oder Thailand verbringt, sind wir auf Roadtrips in Irland unterwegs gewesen oder haben uns in Norwegen über die Einsamkeit gefreut. Berlin ist voller Menschen, unsere Jobs sind stressig, und im Urlaub wollen wir eigentlich nur eins: Ruhe.
„Aber Katharina hatte eine schwierige Tochter, einen Job in der Klinik, mit dem sie die Familie ernährte, weil Wolf als Schriftsteller nichts verdiente, und einen Vater, der aller Welt Prügel androhte und zu Hause vergaß, den Herd auszuschalten. In ihrem Leben war einfach kein Platz für Arne und seinen sehnsüchtigen Blick. Dafür viel Platz für jede Menge schlechtes Gewissen.“
(Und wenn man ein einigermaßen aktives Kind hat, sorry, aber da ist zur Zeit allein die Vorstellung von einem 10 bis 20 Stunden Trip genug, dass ich Fernreisen aufschiebe … bis ich die Kinder bei Oma und Opa abgeben kann und mit dem Mann nach Bali fliege, Ätsch!)
Zurück zu meinem Reisebericht über das Tropical Islands Resort in Brandenburg.
Wir sind an einem Freitagnachmittag gestartet, der Zug war zwar etwas überfüllt und heiß, doch mit Kind wird einem im besten Fall ja doch gern geholfen und ein Platz angeboten. Es war unser erster Einblick in die Ost-Berliner bzw. Brandenburger Seele, die uns an diesem Wochenende noch oft begegnen sollte.
„Kron hingegen bockte. Er wollte keine D-Mark, weigerte sich, den neuen Supermarkt in Plausitz zu betreten, und schimpfte über das Fernsehprogramm. Kathrin wurde erwachsen, während ihr Vater auf bestem Weg schien, sich in ein Kleinkind zurückzuverwandeln.“
Ausgemalt hatte ich mir ja, dass ich die ersten Kapitel von Juli Zehs imposantem Meisterwerk „Unter Leuten“ im Zug reinziehe, während Mann und Kind durch den Zug wandern, wie sonst auch. Pustekuchen. Realität waren verschwitzte Teenager und müde Feierabendler auf dem Weg nach Hause und wir halb übereinander gestapelt abwechselnd Pixie-Bücher vorlesend.
Wir haben es überlebt und an der „Brand Tropical Islands“ Station wartete dann auch der wilde TropenShuttleBus der bis vor die Haustür oder das Tor fährt. Vor diesem Tor wird dann unterteilt zwischen Übernachtungs– und Tagesgästen. Dazu nun meine ehrliche Meinung, denn man sollte sich das schon gut überlegen, was man eigentlich möchte, bevor man hinfährt.
Das Tropical Islands ist ein riesiger Badebetrieb mit Übernachtungsoption, die gerne und viel genutzt wird. Man kann in Zelten übernachten, in traumhaften Suiten und Lodges, aber man kann auch ganz außerhalb campen oder Ferienhäuser buchen. Spontan da bleiben, ist nicht immer mit echter Übernachtung möglich, weil alle Betten belegt sind.
Und was soll dann bitte eine unechte Übernachtung sein?
Nun, es ist tatsächlich möglich, einfach auf den Liegen zu schlafen. Wie jetzt? Naja, also es soll ja so junge Leute geben, die machen das einfach. Schwimmen kann man immer, wirklich, 24 Stunden lang, und warm ist es ja auch. Dann zwitschert man sich ein, zwei Caipis und schwupps, wurde ein weiteres Tagesticket nachts automatisch auf den Chip gebucht und man hat sich selbst einen verlängerten Aufenthalt gegönnt.
Als wir am Freitag ankamen, war es zwar gut besucht, aber in keinster Weise hatten wir das Gefühl, dass es voll wäre. Das änderte sich aber am Samstag als es dann richtig voll wurde und wir schon froh waren zwischendurch aufs Zimmer gehen und die Tür schließen zu können.
Daher meine offizielle Empfehlung, wenn ihr so seid wie ich: Fahrt eher nicht am Wochenende und wenn dann mit Übernachtung! Erkundigt euch auch, wann in Berlin und Brandenburg Ferien sind … Solltet ihr nun aber denken, dass ich etwas albern bin, und ihr voll auf HalliGalli steht, bzw. eure Kinder, dann bucht jetzt sofort euer Online Ticket (is billiger). Ich habe gerade noch einmal auf der Website geguckt, es gibt so viele Angebote, von Frühbucher, bis Familien, bis Wohlfühlrabatte. Guckt da echt einmal rein.
Aber schön das Handtuch morgens auf die Liege packen, der Deutsche macht auch in Deutschland Urlaub wie es sich gehört! Mir wurde erzählt, dass es Leute geben soll, die auch nachts zu den Liegen gehen und ihre Handtücher hinlegen. Bringt nichts, sammeln die Reinigungskräfte ein.
„Es gab nicht viele Situationen in denen Kron nicht gesehen werden wollte, aber diese gehörte dazu. Unterleuten war das reinste Panoptikum. Wenn sich Datenschützer in der Zeitung wegen Überwachung ereiferten, musste Kron regelmäßig lachen. Man musste nur ein handelsübliches Dorf besuchen um zu verstehen, was der gläserne Mensch tatsächlich war.“
Logischerweise reisen die Tagesgäste im Normalfall also zum Abend hin ab. Dann beginnt fast die schönste Zeit im Tropical Islands, wenn alles zur Ruhe kommt, mit Lichtshows der Sonnenuntergang nachgestellt wird und man nach dem Abendessen noch einmal schwimmen oder in die Saunalandschaft gehen kann.
Sauna ist leider nichts für mich, hallo Kreislauf, aber der Mann hat gesagt, dass er sehr beeindruckt war. Er meinte, allein dafür würde es sich lohnen. Vor allen Dingen in Kombination mit so vielen Bademöglichkeiten. Da ja alles im Tropical Islands Superlativ ist, ist auch die Saunalandschaft die größte tropische Anlage in Europa.
Wenn man von dem ganzen Bade-Sauna-Zirkus mal eine Pause braucht geht man einfach an den Ort, der das Tropical Islands tropisch macht: In den Regenwald. Wir haben eine Tour gemacht und auch wenn das Kleinkind eher daran interessiert war, in den Regenwald zu laufen und ich beim Gedanken an Blumentopf-Boas (#itsathing) das Schütteln bekam, so war es doch schön, nach oben zu gucken und nur grün zu sehen. Apropos grün, Berndt Green, der Chef-Gärtner hat uns versichert, dass für die Instandhaltung des Regenwalds keine Chemie eingesetzt wird, aber dass die saisonalen Lichtverhältnisse in Brandenburg für tropische Gewächse eine Herausforderung darstellen. Für euch Pflanzeninstagrammer sicherlich ein großes Homecoming, ich war ja Zeit meines Lebens in der Studi-VZ Gruppe „Willste was Grünes in der Wohnung, kauf ne Kiste Becks“.
Dann gibt es da noch das Tropino, der ultimativste Kinderbereich, den ich je erlebt habe. Kinderbetreuung gibt es lediglich auf dem Campingplatz, aber ganz ehrlich, wenn eure Kinder alt genug sind, dann könnten die sich da stundenlang müde spielen, und ihr könnt wenige Meter entfernt in einer Liege am Strand liegen und euch einen Cocktail genehmigen.
Außerdem ist man gar nicht permanent eingeschlossen schließlich gibt es ja den riesigen Außenbereich Amazonia. Der ist ja auch immer mit dabei, wenn man ein Ticket für den Innenbereich oder die Saunalandschaft kauft. Und auch bei herbstlichen Temperaturen haben wir uns kurz in den Strudel-Parcours rausgewagt, das Wasser ist ja weiterhin mollig warm
Ist das denn jetzt wirklich cool im Tropical Islands?
Ich glaube wenn man Kinder hat, ist das richtig schnell unwichtig, was man irgendwann einmal als cool angesehen hat. Spätestens wenn die Kinder keine Babys mehr sind und auch noch mitreden wollen bei Freizeitaktivitäten. Die Vorstellung, mal zwei Tage lang nicht zu kochen, nicht zu waschen und nirgendwohin zu müssen außer an die Bar oder auf die Liege oder ins Wasser war himmlisch. Die Realität umso besser.
Ich lag auf meiner Liege und beobachtete das Treiben um mich herum. Gestresst hat mich das eher weniger, ganz im Gegenteil. Während die Dorfbewohner Unterleutens sich gegenseitig an die Gurgel gingen und über Windkraft, Enteignung, Anpassung und Nostalgie diskutierten, schaute ich mir das Tropical Islands Publikum an und musste feststellen, dass auch tribaltätowierte Stiernacken und überall gepiercte Solariumsschönheiten einfach mal eine Pause haben und ihren Kindern ein unterhaltsames Wochenende bieten wollen. Plötzlich fand ich mich während der Lektüre von „Unter Leuten“ in der Rolle der arroganten Wahlberlinerin wieder und erinnerte mich daran, dass ich ja genauso vom Dorf komme und bestimmt keinen Akademikerhintergrund habe, dafür aber eine Familiengeschichte geprägt von Kommunismus, Verfolgung und Armut.
„… so wie er sich jetzt nach der Berliner Uneigentlichkeit sehnte. Frederik konnte sich in der Großstadt vom Land und auf dem Land von der Stadt erholen. Sein persönlicher Luxus bestand nicht darin, in einer Welt alles zu erreichen. Sondern darin, zwischen verschiedenen Welten hin- und verwechseln zu können.“
Ein kurzer Aufenthalt im Tropical Islands, um mal wieder den Kopf frei zu kriegen, gepaart mit der perfekten Lektüre und guten Freunden kann ich jedem empfehlen. Fahrt unbedingt mit anderen Eltern, dann könnt ihr euch abwechseln und vielleicht auch eine Paar-Massage ausprobieren? Candle Light Dinner? Ballonfahrt? Denkt nicht so viel nach, erholt euch mal wieder. Unter ganz normalen Leuten.
Tipps für das Tropical Islands
- Unbedingt Online buchen (Ferienzeiten Berlin/Brandenburg checken!)
- Buddelspielzeug und Schwimmwindeln bzw. Wasserspielzeug nicht vergessen. Und falls doch: Kann man alles zu einigermaßen fairen Preisen vor Ort kaufen
- Badehandtücher können ausgeliehen werden
- Plastiktüten nicht vergessen … für nasses Badezeug
- Warme Stoppersocken für die Steinböden in den Lodges
- Überhaupt würde ich Familien (mit kleinen Kindern) prinzipiell empfehlen nur mit Übernachtung zu buchen. Ohne die Ruhezone des eigenen Zimmers stelle ich mir das schon sehr hektisch vor mit Kleinkindern. Aber: Natürlich sind alle Familien anders und vielleicht packt ihr so einen Tagesausflug!
- Lasst Laptops zuhause. Das Wlan ist eher ungeil und ihr sollt euch ja entspannen.
- Im Sawadee Restaurant seinen eigenen Burger bauen! Da hier nach Gewicht abgerechnet wird, ist mein Tipp: aufs Brötchen verzichten und dafür einen Teller mit dem großartigen Pulled Pork vollhauen und viel Salat dazu!
- Wir fanden die Ballonfahrt durch das Resort sehr witzig, aber letzten Endes 40€ für 15 Minuten Spaß zu bezahlen … für das Geld würd ich mir lieber eine Massage gönnen!
Für die Skeptiker
Wir hatten nicht eine Sekunde gerötete oder gereizte Augen. Könnte daran liegen:
Die Reinigung des Wassers
Im ersten Schritt werden grobe Teilchen herausgefiltert. Danach werden Keime und Bakterien mittels Ozon-Gas abgetötet, danach wird das Wasser durch Filter, bestehend aus Aktivkohle und Filtersand geleitet, wo alle übriggebliebenen Schwebeteilchen herausgefiltert werden. Die Messgeräte überwachen die sog. Hygienehilfsparameter, entsprechend werden Chemikalien wie Natriumhypochlorid (allg. Chlor) und Schwefelsäure (pH-Regulierung) dosiert und dem Wasser zugeführt, bevor es in das Becken zurückfließt. Die Messgeräte arbeiten so genau, dass je nach Besucheraufkommen mehr oder weniger Chlor zugeführt wird.
Natürlich wird abgesehen von der Reinigung verbrauchtes Wasser durch ausreichend Frischwasser ausgetauscht. Chlor ist eigentlich auch geruchlos, das riecht nur wenn Verschmutzungen ins Wasser kommen und dann mit dem Chlor reagieren und vernichtet werden 😉 Die Wasserqualität ist enorm hoch, wird von den Wassertechnikern 2 x täglich kontrolliert und in regelmäßigen Abständen auch vom Gesundheitsamt.
