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Ta-Som Helena Yun: „Das Kleid macht glücklich und spendet Trost“

윤다솜 / Ta-Som Helena Yun begegnete mir über Jahren auf den Literaturparties der Stadt, ich war die nervige Alte, die immer wieder nachfragte, wann denn endlich dieses Buch kommt, von dem sie mir mal erzählt hat. Ich war so gespannt. Und jetzt halte ich es in der Hand, kann nicht aufhören OH SUNNY zu lesen und denke gleichzeitig immer nur ein paar Kapitel am Tag, damit es länger hält. Diese Szene mit dem deutschen Freund zum ersten Mal zu Hause bei den Migra-Eltern. Wollte im Boden versinken, habe alles gefühlt.

Wir treffen Somi am Zeiss-Großplanetarium in Berlin. Über uns schiebt sich der Mond partiell vor die Sonne, wir erfahren, dass in diesem Jahrhundert nur noch eine ganze Sonnenfinsternis geben wird und die werden wir am 12. August am besten von Mallorca aus sehen können. Wer kommt mit?

Ich sage der Richterin und Autorin, dass das Kleid doch mega mit den blühenden Kirschbäumen aussehen würde. Zu tief aus der Klischeekiste? Aber Kirschblüten sind halt wirklich schön. Apropos schön.

Was macht dich gerade glücklich?
Ich komme gerade aus einer langen Krankheitszeit im Anschluss an einer Corona-Infektion. Dass ich mich wieder konzentrieren, bewegen und schlafen kann, dass der körperliche Zustand immer besser wird, macht mich gerade sehr glücklich.

Was aber auch immer auf Knopfdruck geht, also wirklich jederzeit: Whitney Houston. 

Was macht dich stolz?
Ich kann mit dem Ausdruck recht wenig anfangen, aber wenn es darum geht, dass ich mich über eine Sache, in die ich sehr viel Energie und Zeit hineingesteckt habe, so rasend freue, dass ich am liebsten drei Backflips machen und auf den Händen laufen würde, dann liegt es derzeit daran, dass mein Roman „OH SUNNY“ erschienen ist, an dem ich drei Jahre geschrieben habe.

Und wenn es darum geht, dass ich gern durch die Straßen laufen und jede Person umarmen würde, die mir entgegen kommt, weil ich glaube, wir hätten gemeinsam eine Sache erreicht, dann liegt es an der kürzlichen Amtsenthebung des Südkoreanischen Präsidenten Yoon. 

Wo bist du gerne?
Extrem gern zuhause und extrem gern im Café Handbestand (Brunnenstraße 42, 10115 Berlin – direkt an der U-Bahnstation Bernauer Straße) 

Ich laufe gern an der Spree entlang bei gutem Wetter mit einem Eis oder einem Kaffee in der Hand. Ich laufe gern umher auf Märkten, im Grünen, zwischen schönen Häuserzeilen. 

Hast du Tipps für Eltern in deiner Stadt?
Das mag zwar langweilig klingen, aber als mein Kind klein war, konnte ich es immer mit einem Audioguide für Kinder für Museen überzeugen. Sehr viele Museen und Galerien haben diese Audioguides für Kinder und die Taschenlampenführung im Naturkundemuseum ist toll. Wer ihn noch nicht kennt: der Wasserspielplatz am Nordbahnhof macht im Sommer Spaß. Mein großes Kind möchte ja hauptsächlich zu Sephora oder essen gehen.

Meinen Style würde ich beschreiben als…Somi-Style, mit Vorliebe kurze Röcke und Kleider. Meist Strumpfhosen mit Muster – ich habe ein Strumpfhosen-Abo von Gambettes Box, und zwar schon seit vielen Jahren, und neben meinem Abo der Zeitschrift The Paris Review mein absolutes Highlight im Alltag. Ich habe diese Abos noch nie bereut und noch nie an der regelmäßigen Zahlung gezweifelt.

Lieber Blusen als Pullover. Seidentops, aber kein Jersey. Selten Jeans, eigentlich nur, wenn ich müde und traurig bin. Äußerst selten Kapuze oder High-Neck, weil ich unruhig werde, wenn da was am Hals ist. 

Welches Kleidungsstück deiner Eltern hat dich geprägt?
Als ich klein war, trug mein Vater immer eine große, grobe Strickjacke. Die Erinnerung daran erfüllt mich mit Liebe.

Meine Mutter trug einen langen schwarzen Wollmantel. Da haben meine Schwester und ich uns immer reingehängt, also, während sie ihn anhatte. Ich weiß nicht, mit welcher Kraft sie uns herumschleppen konnte. Einmal im Supermarkt, da sprang ich wieder beherzt an einen Mantel, um gemütlich herabzubaumeln… nur war der Mantel gar nicht der von meiner Mutter und die Frau in dem Mantel bekam einen riesigen Schreck.

Welches Kleidungsstück aus deiner Kindheit hättest du gerne noch?
Ich hatte mit sieben einen großen lilafarbenen Pullover, der total gemütlich war. Den habe ich mit elf noch gesucht. Bis heute denke ich an ihn. Vielleicht trage ich deshalb ungern Pullover. Weil die alle nicht an den einen rankommen. 

Welches Kleidungsstück aus deiner Jugend hast du noch?
Ich trage bis heute das Cardigan der Schuluniform meiner kleinen Schwester. Das muss jetzt ca. sechzehn Jahre zurückliegen. Es liegt angenehm auf der Haut, ist robust und es wärmt und ich mag das Design. 

Welches Kleidungsstück hast du wahrscheinlich am Längsten?
Meine koreanische Tracht, Hanbok. Die wurde maßgeschneidert, als ich vielleicht vierzehn oder fünfzehn war. Ich trug die Hanbok-Tracht als Bühnenkleid, weil ich traditionellen Pansori-Gesang performt hatte. 

Was geht jeden Tag?
Bluse, Rock, Strumpfhose.

Liebe Somi, was hast du an?

Ich trage das rosa Kleid mit der Schleife auf dem Rücken, das ich mir letzten Herbst im Sale bei H&M gekauft habe. Ich war in der Zeit körperlich sehr krank und dadurch völlig deprimiert. Obendrein hatte ich am ganzen Körper Wassereinlagerungen und keines meiner Kleidungsstücke passte mehr. Ich wollte mir deshalb eine weite Hose und einen oder zwei weit geschnittene Pullover kaufen. Dieser Einkauf machte mir überhaupt keinen Spaß. Es war pure Notwendigkeit. Und dann sprang mir dieses Kleid ins Auge, das mir damals gar nicht gepasst hatte, aber ich habe es mir trotzdem spontan gekauft. Einfach so, zum Trost. Soweit ich weiß, war es so runtergesetzt, dass es unter dreißig, vielleicht sogar unter zwanzig Euro gekostet hatte. 

Im März habe ich gerade die Premiere meines Romans gefeiert und dazu dieses Kleid getragen, das farblich einfach perfekt zu meinem Buchcover passt. Das Kleid macht mich glücklich.

Es fühlt sich angenehm an, und spendet mir Trost. 

Ich trage einen goldenen Ring mit einem großen grünen Stein. Ein Erbstück meiner Großmutter. Eine sehr ehrliche Person, die nie über Gefühle geredet hat und definitiv ihren Sohn den Töchtern vorzog. Aber sie war über die Mahlzeiten, die sie gekocht hat, warm zu uns. Als ich mit Ende Zwanzig gerade verlassen wurde und darüber sehr unglücklich war, hatte sie einmal meine Hand genommen und sinngemäß gesagt, es läge nicht an mir. Eine Zärtlichkeit, die ich von ihr bis dahin nicht gekannt hatte, die sich in mir eingebrannt hat. Ich habe vier Ringe von ihr geerbt, die ich abwechselnd wie einen Talisman trage. 

Ich trage eine Strumpfhose von Gambettes Box, meine Lieblingsstiefel von Sézane, die ich schon seit Jahren trage, und ich trage eine Tasche, die ich meiner Freundin Jovana für sehr wenig Geld abgekauft habe, also eigentlich ein Geschenk. 

Alle Fotos: ©KaiSenf 

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