Dass ihre Tochter Mia (12) den Weltrekord im Sachen-Verlieren halten dürfte, war nicht der Grund für Stefanie, ihr Business Sticky & Sweet zu gründen.Die Idee dahinter? Mit den spül- und waschmaschinenfesten Bügel- und Namensetiketten in coolem Design lässt sich das tägliche Familienleben vereinfachen und verschönern. Über den riesigen Berg auf dem Weg zur Selbstständigkeit und welche Visionen sie für die Zukunft hat, erzählte sie uns im Interview.
Hauptstadtmutti: Seit wann gibt es Sticky & Sweet?
Stefanie: Seit etwa drei Jahren. Ich hatte vorher in der Filmproduktion gearbeitet, etwas ganz anderes also. Daher musste ich mich erstmal in das ganze Online-Geschäft hineinfinden. Mia war aus dem Kindergarten- und Schulanfangsalter raus, aber sie war auch nicht unbedingt der Auslöser für meine Geschäftsidee. Obwohl sie wahrscheinlich das Kind auf der Welt ist, das am meisten Sachen verliert. Ich wollte mich beruflich verändern und habe coole Alltagsprodukte für Kinder schon immer gut gefunden. Davon gibt es in Deutschland eher wenig. Dann habe ich mal coole Namensetiketten aus Kanada bestellt und hatte viele Ideen, wie ich die noch besser machen könnte. So hat sich alles ergeben.
Hauptstadtmutti: Warst du vorher auch freiberuflich?
Stefanie: Ja, deswegen kannte ich auch diese Art von Leben schon. Selbstständigkeit ist aber trotzdem etwas anderes. Ich habe ganz allein angefangen. Am Anfang war der Berg vor mir schon groß, aber mit kleinen Schritten kommt man da rüber. Ich bin zum Beispiel am Anfang nach Brüssel zu einer Etikettenmesse gefahren, und es war sehr motivierend und lustig, mit den Leuten dort zu reden. Dann habe ich nach Materialien gesucht und ab da ging alles Schritt für Schritt weiter.
Hauptstadtmutti: Was war zuerst da – die Idee mit den Namenstickern und Bügeletiketten oder die kleinen Charaktere, also das konkrete Design?
Stefanie: Mein Fokus lag zuerst auf dem Produkt und der Funktionalität. Ich wusste, dass ich eine neue Art Etiketten machen wollte mit einer coolen kindgerechten Verpackung. In Bezug auf die Funktionalität habe ich sehr viel herumprobiert und Massen an Materialien getestet. Es ist ja auch als Einzelperson ein bisschen komisch, bei den Herstellern anzurufen, um an die Muster heranzukommen. Aber da wächst man hinein und lernt nach und nach alles kennen, was wichtig ist. Als ich beim Film als Produktionsleiterin war, lief das auch nicht anders: Da steht irgendwas im Drehbuch, wovon man keine Ahnung hat, und dann muss man sich damit auseinandersetzen und innerhalb von vier Wochen zum Experten werden.
Hauptstadtmutti: Wie kamst du zum Design?
Stefanie: Ich wusste, dass ich Characters haben wollte, die nicht dieses typische Kinderdesign haben sollten. Ich hatte einen Illustrator im Kopf, Tomek Sadurski, mit dem ich gern arbeiten wollte, und den habe ich einfach angerufen. Auch mit meinen Grafikern habe ich Glück: Sie passen zu meinem Stil und wir können sehr gut zusammenarbeiten. Wenn man allein selbstständig ist, ist es ja sehr wichtig, Leute zu finden, die gut zu einem passen.
Hauptstadtmutti: Lässt du in Deutschland produzieren?
Stefanie: Ja, das habe ich beim Film gelernt: in Deutschland produzieren für kurze Wege und gute Kommunikation. Ich habe auch ein bisschen unterschätzt, dass personalisierte Produkte aufwändig in der Herstellung sind. Im Prinzip sind das ja alles Einzelanfertigungen. Da kann bei einer einzigen Produktion sehr viel schief gehen. Wenn dann die Herstellung irgendwo ganz weit weg ist, hat man keine Chance.
Hauptstadtmutti: Arbeitest du von zu Hause aus?
Stefanie: Nein, ich habe ein Büro in einem Gründerzentrum. Ich liebe es, in ein Büro zu fahren. So kommt man raus und hat dann alles an einem Platz und kann besser gedanklich abschließen, wenn man abends wieder geht.
Hauptstadtmutti: Würdest du sagen, dass der Laden nach zwei Jahren gut läuft?
Stefanie: Ich habe unterschätzt, wie schwer es ist, als Einzelunternehmer eine Basis zu finden. Drei Dinge sind wichtig: Leidenschaft zum Beginnen, Überzeugung zum Durchhalten und die Frage: Wie erreiche ich meine Kunden? Dieses dritten Punkt hatte ich mir einfacher vorgestellt. Das kostet sehr viel Geld, vor allem weil man im Online-Shop keine Laufkundschaft hat. Für jeden einzelnen Besucher musst du bezahlen, und dann muss der auch noch was kaufen.
Hauptstadtmutti: Worauf setzt du in Sachen Promotion?
Stefanie: Das ist alles eine Budgetfrage. Am Anfang hatte ich kleine Printanzeigen und habe Flyer verteilt … alles, was mit kleinem Budget möglich ist. Wenn ich sehr viel Geld hätte, würde ich einen Mix aus noch mehr auflagenstarken Magazinen und noch viel mehr online machen. Letztes Jahr habe ich angefangen, mit Blogs zuammenzuarbeiten, was ich auch relativ effektiv fand. Dieses Jahr mache ich einen Mix, weil die Bloggerszene sich durch sehr viel mehr Nachfrage verändert hat. Da kriegt ja jeder am Tag 50 Anfragen, also habe ich es als kleiner Shop schwer, gute Kooperationen zu finden. Auf Messen gehe ich mit meinen Namensetiketten auch, um mich zu vernetzen. Man muss immer wieder was Neues ausprobieren. Manchmal funktioniert einfach nicht mehr, was eigentlich immer gut geklappt hat.
Hauptstadtmutti: Würdest du gern noch andere Produkte anbieten, wie Trinkflaschen, Snackboxen, etc.?
Stefanie: Das war schon die Vision, ja. Ich möchte kein reines Stickergeschäft bleiben. Aber noch klappt das mit dem finanziellen Aufwand nicht. Die Qualität muss ja auch stimmen.
Hauptstadtmutti: Wer ist deine Hauptzielgruppe?
Stefanie: Erst dachte ich, dass sich viel Nachfrage auf die Städte konzentriert, aber das stimmt gar nicht. Grundsätzlich richte ich mich an Frauen, die gern schöne Dinge für ihre Kinder kaufen und Wert auf Qualität legen. Es sind ja Produkte, die man sehr gut gebrauchen kann und die dazu eben auch noch cool aussehen. Ich merke auch, dass diese ganze Kennzeichnungsnummer immer größer hierzulande wird. Im Ausland gibt’s das ja schon länger, zum Beispiel in England, wo es Schuluniformen gibt. Da sehen alle Schüler gleich aus, also muss man die Sachen kennzeichnen. Hier sind noch viele erstaunt, wenn sie zum ersten Mal davon hören, aber finden das alles dann sehr praktisch. Auch Schulen fordern immer häufiger, dass Sachen gekennzeichnet werden, und viele Mütter haben keine Lust, sich dann hinzusetzen und irgendwas auf die Sachen zu schreiben, was dann aber nicht ästhetisch aussieht und nicht ewig halten wird. Da kauft man eine schöne Snackbox und soll dann mit dem Filzer darauf herum krakeln? Nicht jeder möchte das, und das ist meine Zielgruppe.
Hauptstadtmutti: Könntest du von dem Geschäft allein leben?
Stefanie: Noch nicht, nein. Aber mein Mann unterstützt mich. Ich hätte das Projekt aber auch in Angriff genommen, wenn ich allein gewesen wäre. Wir waren nie eine Familie mit einem gemeinsamen Konto, jeder hatte immer seins. Darum habe ich mein Business nicht von ihm abhängig gemacht. Aber seine Unterstützung ist schon sehr hilfreich, vor allem weil wir eine Tochter haben. Auch als ich vorher beim Film war, brauchte ich in der Hinsicht seine Unterstützung, weil das Business so unkalkulierbar und zeitlich fordernd ist. Sehr wenige meiner Freundinnen aus der Branche haben Kinder. Das geht einfach nicht, vor allem nicht, wenn man allein ist. Mein Mann stand die ganze Zeit voll hinter mir und hat mich bekräftigt, mich endlich selbstständig zu machen, weil ich das doch schon immer wollte. Ich glaube, das ganze lange Nachdenken über alles ist auch ein Frauending.
Hauptstadtmutti: Würdest du alles genauso noch einmal machen?
Stefanie: Ja, obwohl ich die Sache mit der Kundengewinnung noch besser durchdenken würde. Aber alles hat sich sehr gut für mich entwickelt. Ökonomisch noch nicht, aber ich bin sehr viel fröhlicher geworden. Ich hatte früher immer so viel gearbeitet, dass ich gar nicht weiß, was ich sonst noch gemacht habe. Selbst das erste anstrengende Jahr mit Sticky & Sweet hat viel Spaß gemacht. Ich kann viel mehr Zeit mit Mia verbringen, meine Lebensqualität hat sich jetzt mit 48 total verbessert.
Hauptstadtmutti: Du bist 48? Das sieht man dir überhaupt nicht an. Sport, gesunde Ernährung … was ist dein Geheimnis?
Stefanie: Sport mag ich gar nicht und wir ernähren uns auch alle ganz normal. Das ist alles nichts für mich. Aber Hautpflege ist mein Hobby. Ich habe Kosmetik schon immer geliebt. Und mit 40 fängt man einfach an, sich damit zu beschäftigen. Da habe ich gemerkt, dass das Normalprogramm nicht mehr ausreicht.
Hauptstadtmutti: Jetzt her bitte mit dem konkreten Tipp!
Stefanie: Das wichtigste ist eine gute Reinigung, damit die anderen Produkte, die darüber kommen, überhaupt irgendetwas bringen. Abends benutze ich zwei Produkte: eins, mit dem ich das Make-up runterkriege und ein anderes für die tiefe Hautreinigung. Das ist die Basis. Dazu ein bisschen Fruchtsäure-Toner und Feuchtigkeitsspray, Augencreme, Serum oder Öl und Feuchtigkeitscreme als Mantel. Das morgens und abends und nach drei Monaten siehst du super aus. Dauert drei Minuten.
Dankeschön, liebe Stefanie!
Interview: Isa Grütering, Claudia Kahnt // Foto: Theresia Koch // Text: Yvonne Vávrá
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